Die Energiewende benötigt Vernetzung
Lokale Selbstversorgung ist laut einer neuen Studie nur in Ausnahmefällen zu erreichen
Dessau (AFP/nd). Um die Stromversorgung in Deutschland komplett auf erneuerbare Energien umzustellen, ist einer Studie zufolge eine gute Vernetzung unverzichtbar. Zwar könnten sich einzelne Gemeinden autark mit Strom versorgen, ergab die am Dienstag vorgestellte Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Solche Energieinseln sind demnach aber eher selten machbar - und in jedem Fall sehr teuer.
Das Umweltbundesamt prüft derzeit, wie die Stromversorgung in Deutschland komplett auf Ökoenergie umgestellt werden kann. Ein mögliches Szenario - laut Studie ein »Extrempunkt« - wäre es, dass sich Dörfer und Stadtteile komplett alleine versorgen. Untersucht wurde nun für ländliche Gemeinden und Stadtteile in Ballungsräumen, ob und unter welchen Bedingungen die Schaffung autarker Energieinseln möglich wäre. Grundlage sind Modellannahmen zu Stromproduktion und -verbrauch, zur Energieeffizienz sowie umfangreiche Wetterdaten.
Am Montag war auf der Nordsee-Insel Pellworm ein Modellprojekt für eine autarke Stromversorgung angelaufen. Geschaffen wurden dafür ein intelligentes Stromnetz und Stromspeicher. Der Studie zufolge ist die Umstellung auf eine autarke Energieversorgung für ländliche Gemeinden im Norden einfacher als für süddeutsche Kommunen auf dem Land. Die Autarkie funktioniere nur, wenn der private Strombedarf inklusive der Energie für Elektroautos berücksichtigt werde.
Der Strom für Gewerbebetriebe und Industrie sei auf diese Weise nicht sicherzustellen. In Stadtteilen in großen Siedlungsgebieten sei eine Energieautarkie nicht machbar. Notwendig wären für Energieinseln vor allem Stromspeicher, die bislang sehr teuer sind. Lokale Erzeugung habe trotzdem in jedem Fall »einen beachtlichen Anteil« an einer Komplettversorgung mit Ökostrom, und lokale Autarkie sei »als Konzept in Einzelfällen unter günstigen Bedingungen umsetzbar« - etwa bei entlegenen Ortschaften oder Inseln.
»Für eine tragfähige regenerative Energieversorgung ganz Deutschlands eignet sich dieses Konzept aber nicht«, erklärte UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Trotzdem sei die Stromerzeugung vor Ort ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. »Städte und Gemeinden können mit dezentraler Energieerzeugung zu maßgeblichen Akteuren der Energiewende werden«, erklärte Flasbarth.
Durch Vernetzung ließen sich der Studie zufolge nicht nur Schwankungen in der Versorgung mit Erneuerbaren gut ausgleichen, sondern auch Standortvorteile nutzen: So könne Windstrom von der Küste in die Industriezentren im Westen und Süden Deutschlands transportiert werden. Außerdem solle das Umland in jedem Fall dazu herangezogen werden, Städte mit Energie zu versorgen, solange es dort einen Überschuss an Ökostrom gebe.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.