Was wird aus meiner Datsche nach dem 3. Oktober 2015?
Fragen und Antworten zur Nutzung von Erholungsgrundstücken (Teil 1)
Das am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Gesetz (Bundesgesetzball 1994, Teil I, Seite 2538 ff. ) sieht wichtige Änderungen vor, die teilweise schon ab 4. Oktober 2015 wirksam werden. Hierauf sollten sich die Nutzer von Erholungsgrundstücken einstellen.
Grundsätzlich ist zu vermerken, dass von den Änderungen nur die Nutzungsverhältnisse betroffen sind, deren Vertragsabschluss vor dem 3. Oktober 1990 lag, denn nur diese unterliegen dem Schuldrechtsanpassungsgesetz. Später geschlossene Nutzungsverträge sind von den Änderungen nicht betroffen.
Ende des Kündigungsschutzes - was wird mit meinem Nutzungsvertrag?
Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass ab 4. Oktober 2015 der besondere Kündigungsschutz nach § 23 SchuldRAnpG zu Ende geht. Im Übrigen bleibt die Rechtslage unverändert. Der Nutzungsvertrag besteht weiter, solange er nicht gekündigt wird. Bei einer Kündigung ist die im Vertrag vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten, soweit die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2, Satz 2 SchuldRAnpG vorliegen. Andernfalls gilt in der Regel die entsprechende Kündigungsfrist des § 580a BGB (§ 584 BGB ist nur in dem seltenen Fall anzuwenden, wenn in dem Vertrag ausdrücklich Fruchtziehung vereinbart wurde).
Was muss der Nutzer bei Kündigung durch den Eigentümer beachten?
Gehört das dem Nutzer überlassene Grundstück mehreren Eigentümern, muss die Kündigungserklärung von allen (im Grundbuch eingetragenen) Eigentümern unterzeichnet sein. Ist die Kündigungserklärung nur von einem Miteigentümer unterzeichnet, muss dieser der Kündigungserklärung eine von jedem anderen Miteigentümer unterzeichnete Originalvollmacht beifügen, mit der er zu der Kündigung bevollmächtigt wurde. Fehlt eine solche Vollmacht, ist die Kündigung unwirksam, wenn der Nutzer sie unverzüglich zurückweist (§ 174 BGB).
Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn der Eigentümer die verbindliche (vertragliche bzw. gesetzliche) Kündigungsfrist nicht eingehalten hat. Des Weiteren muss die Kündigung an alle Vertragspartner gerichtet sein. Hat den Vertrag nur ein Ehepartner unterzeichnet und war dieser bereits vor dem 3. Oktober 1990 verheiratet, gelten beide Eheleute als Vertragspartner. Die Kündigung muss sich in diesem Fall an beide richten.
Was muss nach dem Wegfall des Kündigungsschutzes beachtet werden?
Es ist davon auszugehen, dass der Nutzer auch nach dem 3. Oktober 2015 über einen gültigen Vertrag verfügt, der Bestandskraft hat. Mit dem Wegfall des Kündigungsschutzes kann der Bodeneigentümer jedoch kündigen, soweit der Vertrag nicht länger befristet ist, ohne dass er dafür Gründe angeben muss.
Bevor der Eigentümer kündigt, sollte er darauf hingewiesen werden, dass er gemäß § 12 Abs. 1, 2 und 5 sowie § 27 SchuldRAnpG zur Entschädigung verpflichtet ist, wenn der Nutzer seinen Entschädigungsanspruch geltend macht, denn dadurch könnte er von einer voreiligen Kündigung abgehalten werden. Kündigt der Eigentümer dennoch, wird seine Entschädigungspflicht wirksam.
Zur Entschädigung bei Kündigung durch den Bodeneigentümer
Es ist wichtig zu wissen und zu beachten, dass der Nutzer bei Kündigung durch den Bodeneigentümer nach § 12 Abs. 1, 2, 5 sowie § 27 SchuldRAnpG einen Entschädigungsanspruch hat.
Dieser Entschädigungsanspruch bezieht sich auf
● die vom Nutzer errichteten Bauwerke, einschließlich der Grundstückseinrichtungen, insbesondere die zur Einfriedung und Erschließung des Grundstücks geschaffenen Anlagen (§ 5 SchuldRAnpG),
● die Anpflanzungen (§ 27 SchuldRAnpG) und die
● Entschädigung für Vermögensnachteile, die dem Nutzer durch eine vorzeitige, vor Ablauf der Kündigungsschutzfrist herbeigeführte Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden sind (§ 14 SchuldRAnpG).
Nach welcher Bewertung richtet sich der Entschädigungsanspruch?
Der § 12 Abs. 2 SchuldRAnpG regelt, dass bei Kündigung durch den Bodeneigentümer die Entschädigung nach dem Zeitwert der Bauwerke im Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstücks zu erfolgen hat. Es muss allerdings beachtet werden, dass dieser Entschädigungsanspruch nur bis zum 3. Oktober 2022, dem Ende der sogenannten Investitionsschutzfrist, besteht (§ 12 Abs. 2 Satz 3 SchuldRAnpG).
Nach diesem Zeitpunkt entfällt auch bei Kündigung durch den Bodeneigentümer die Pflicht zur Entschädigung nicht. Sie richtet sich jetzt nach der Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks, soweit eine solche durch die vom Nutzer geschaffenen Bauwerke und Anpflanzungen sowie eine Steigerung des Bodenwertes erreicht wurde (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG).
Hierbei wird berücksichtigt, dass durch die vom Nutzer geschaffenen Bauwerke und Anpflanzungen sowie eine Steigerung des Bodenwertes ein Wertzuwachs des Grundstücks erzielt werden kann, der dem Bodeneigentümer zugute kommt. Das ist meistens der Fall, wenn das Grundstück im Außenbereich liegt, wo keine andere Nutzungsmöglichkeit besteht.
Was ist, wenn der Nutzer selbst kündigt und damit den Vertrag beendet?
Nach dem SchuldRAnpG kann der Nutzer zu jeder Zeit kündigen. Dabei ist, sofern die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG vorliegen, die im Nutzungsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten. Gibt es dazu keine Vereinbarungen oder liegen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor, gilt die entsprechende Kündigungsfrist des § 580a BGB (bei einem Pachtvertrag im Sinne des § 581 BOB die Kündigungsfrist des § 584 BGB).
Aber auch hier Achtung!
Auch bei einer Kündigung durch den Nutzer sind die einschlägigen Regelungen der §§ 11, 12, 15 und 27 SchuldRAnpG zu beachten:
● Gemäß § 11 Abs. 1 SchuldRAnpG geht mit Beendigung des Vertrages das Eigentum an den vom Nutzer geschaffenen Baulichkeiten auf den Bodeneigentümer über. Eine mit dem Grund und Boden nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck fest verbundene Baulichkeit wird wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.
● Nach § 12 Abs. 1, 3, 5 sowie § 27 SchuldRAnpG kann der Nutzer eine Entschädigung verlangen, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch die von ihm geschaffenen Bauwerke und Anpflanzungen sowie die dadurch eingetretene Zunahme des Bodenwertes im Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstücks erhöht ist.
● Dem § 15 Abs. 1 SchuldRAnpG zufolge ist der Nutzer bei Vertragsbeendigung zur Beseitigung eines entsprechend den Rechtsvorschriften der DDR errichteten Bauwerks nicht verpflichtet. Er hat jedoch die Hälfte der Kosten für den Abbruch des Bauwerks zu tragen, wenn
1. das Vertragsverhältnis von ihm oder nach Ablauf der im § 12 Abs.
2 SchuldRAnpG bestimmten Frist vom Grundstückseigentümer gekündigt wird oder er durch sein Verhalten Anlass zu einer Kündigung aus wichtigem Grund gegeben hat und
2. der Abbruch innerhalb eines Jahres nach Besitzübergang des Grundstücks vorgenommen wird.
● Nach § 15 Abs. 2 SchuldRAnpG hat der Grundstückseigentümer dem Nutzer den beabsichtigten Abbruch des Bauwerkes rechtzeitig anzuzeigen. Der Nutzer ist berechtigt, die Beseitigung selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.
Der Nutzer kann eigene Abrissangebote einholen, um den Abriss kostengünstiger zu gestalten.
In diesem Zusammenhang ist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. März 2008 (Az. XII 156/05) hinzuweisen, das in der Entschädigungsfrage von besonderer Bedeutung ist. Dieses Urteil bezieht sich auf den Fall, wenn der Nutzer kündigt. In diesem Fall steht dem Nutzer ein voller Aufwendungsersatz seiner Investitionen und des dadurch erhöhten Verkehrswertes des Grundstücks zu, wenn ein solcher eingetreten ist.
Wie verhalte ich mich, wenn der Bodeneigentümer nach Wegfall des Kündigungsschutzes am 4. Oktober 2015 einen neuen Vertrag abschließen will?
Der Nutzer hat keinen Anlass zum Abschluss eines neuen Vertrages, da er einen gültigen Vertrag besitzt. Beim Abschluss eines neuen Vertrages verliert der Nutzer seinen gesetzlichen Entschädigungsanspruch nach dem SchuldRAnpG. Er kann dann Wertersatz nur nach den §§ 812 ff. BGB beanspruchen.
Auch muss beachtet werden, dass mit dem Abschluss eines neuen Vertrages der alte Vertrag beendet wird und nach § 11 Abs. 1 SchuldRAnpG das Eigentum des Nutzers an den von ihm geschaffenen Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf den Grundstückseigentümer übergeht.
Damit hat ein neuer Vertrag für den Nutzer in der Regel nur dann einen Sinn, wenn er
● eine längere als die bisherige Nutzungszeit vorsieht,
● eine angemessene Entschädigungsregelung enthält und
● ein günstigeres Nutzungsentgelt festlegt, das der Ortsüblichkeit entspricht.
Teil 2 im nd-ratgeber vom 25. September 2012 (Nr. 1119)
Bei Rückfragen können Sie sich wenden an:
Werner Koch, Sprecher der AG, Neltestr. 7, 12489 Berlin, Tel.und Fax (030) 677 20 87
Wolfgang Krüger, Sprecher der AG, Bahnhofstr. 7b, 15711 Königs Wusterhausen, Tel. und Fax (03375) 29 05 73
Prof. Dr. Dietrich Maskow, Rechtsanwalt; Poststr. 12, 10178 Berlin, Tel.(030) 279 51 90 oder Fax (030) 24 72 96 62
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