Die Costa Brava an der Elbe
Gibt es bald spanische Verhältnisse in Deutschland? Ein Insiderbericht über Hamburgs Immobilienmarkt
Wenn man sich dieser Tage in Hamburg als Familie relativ zentrumsnah ein Häuschen oder eine Wohnung kaufen möchte, sollte man mindestens eine halbe Millionen Euro mitbringen. Darunter findet man nur Immobilien, die unter Schimmelbefall leiden oder feuchte Keller haben. Die Preise sind vor allem in den zurückliegenden drei bis vier Jahren enorm gestiegen, da bei steigenden Zahlen von Zuzüglern lange Zeit zu wenige Wohnungen gebaut wurden. Begünstigt wurde die Entwicklung durch historisch niedrige Bauzinsen.
»Viele Kunden kalkulieren mit den niedrigen Zinsen, vereinbaren dann geringe Tilgungsraten und nehmen enorme Kredite auf«, sagt Jens Liesebach (Name geändert), Berater bei der Hamburger Sparkasse (HASPA). Seinen richtigen Namen möchte er nicht in der Zeitung sehen, da er über Interna spricht. Wenn seine Bank mal die Reißleine zieht und einen Kredit nicht vergibt, so macht es die nächste Bank.
Experten sind sich uneins, ob in Deutschlands Metropolen spanische Verhältnisse drohen. Dort ist der Immobilienmarkt als Blase geplatzt, nachdem er lange Zeit nur Zuwächse verzeichnete. »Ich sehe schon Parallelen zu Spanien oder den USA«, sagt Liesebach, der täglich Kunden im Bereich der Immobilienfinanzierung berät. »Denn auch in Deutschland finanzieren immer mehr Menschen mit wenigen bis gar keinen Rücklagen ihre Immobilien!«.
Mieten drastisch gestiegen
Im ersten Halbjahr dieses Jahres allerdings wurde dieser Trend erstmalig nach Jahren gestoppt. Die Menschen finanzieren ihre Immobilien wieder vorsichtiger. So ist die Eigenkapitalquote der Käufer bis Juli 2013 in Hamburg laut Immobilienscout von 10 auf 14 Prozent gestiegen. Und auch die Preise stagnieren erstmalig seit Jahren. »Der augenblickliche Stillstand bei der Preisentwicklung wundert mich nicht. Wie soll sich zum Beispiel ein Friseurmeister oder ein normaler Verkäufer im Einzelhandel diese absurden Preise leisten?«, fragt Liesebach.
Parallel zu den Kaufpreisen sind auch die Mieten in den zurückliegenden Jahren dramatisch gestiegen. Wer nicht über eine Stunde zur Arbeit pendeln möchte, muss mittlerweile schon 1400 bis 1500 Euro für Wohnungen zwischen 70 und 80 Quadratmetern Größe auf den Tisch legen. »Diese Preise haben eigentlich keinen realen Bezug mehr – sie sind fast schon absurd. Die HASPA taxiert die Immobilien aus diesem Grund auch in ihren internen Bilanzen um 20 Prozent geringer«, so Liesebach.
Heißt im Klartext, dass ein Haus für 500 000 Euro in den Statistiken der HASPA nur noch 400 000 wert ist. Denn sollten sich die äußeren Rahmenbedingungen etwa durch eine Krise verschlechtern oder die Zinsen für die Anschlusskredite steigen, platzen viele Finanzierungen, die mit spitzem Stift gemacht wurden. Und für diesen Fall möchte die HASPA gewappnet sein.
Im Augenblick jedenfalls treibt die Angst vor einer Inflation oder der Eurokrise, gepaart mit günstigen Zinsen zum Immobilienkauf. Und in den letzten Jahren hatten die Makler ja auch recht, die eine Steigerung der Preise prognostizierten. Familie Bruns aus Altona zum Beispiel hat in dieser Zeit Glück gehabt. Bedingt durch ein Erbe konnten sie vor zwei Jahren eine Wohnung an einer lauten Straße für 400 000 Euro erwerben, in diesem Jahr haben sie die Wohnung für 600 000 Euro weiterverkauft. Doch welche Einkommensgruppen sollen sich in Zukunft noch weiter steigende Preise leisten? »In Spanien«, sagt Liesebach, »hat auch niemand ernsthaft an eine Blase gedacht!«
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