Supermacht USA im Verwaltungsstillstand
Republikaner und Demokraten ohne Kompromiss für ein Haushaltsgesetz / Weißes Haus ordnet Umsetzung von Plänen für einen Haushaltsnotstand an
Washington (Agenturen/nd). Erstmals seit 17 Jahren stehen weite Teile der Bundesverwaltung in den USA wegen mangelnder Finanzierung still. Kurz vor Ablauf der Frist für die Verabschiedung eines Übergangsbudgets für das in der Nacht zum Dienstag anbrechende Fiskaljahr 2014 wies das Weiße Haus in Washington die Bundesbehörden an, ihre Pläne für einen Haushaltsnotstand umzusetzen.
»Dies ist ein sehr trauriger Tag für unser Land«, sagte der Führer der demokratischen Mehrheit im Senat, Harry Reid. Der Etatstreit eskalierte, weil die Republikaner den drohenden Finanzierungsnotstand politisch nutzen wollten, um die umstrittene Gesundheitsreform von US-Präsident Barack Obama zu blockieren. Eine Gruppe von Republikanern habe das Haushaltsgesetz blockiert um die Gesundheitsreform zu stoppen, twitterte der US-Präsident.
Zuvor hatten sich Republikaner und Demokraten im Kongress nicht auf einen Kompromiss für ein Haushaltsgesetz einigen können. Mit solche einem Gesetzentwurf sollte die Regierung zumindest vorläufig finanziell über Wasser gehalten werden. Auch nach Auslaufen der Frist um Mitternacht (Ortszeit) war kein Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern in Sicht.
»Wir werden nicht diejenigen sein, die zum Schluss das heiße Eisen halten«, zitierte CNN den Präsidenten der republikanisch dominierten Kammer, John Boehner. Gegen diesen und seine Gefolgsleute formierte sich am Abend noch eine kleine Gruppe gemäßigter Republikaner, die gegen eine Lähmung der Regierung sind. Sie brachten aber nicht einmal die 17 von 233 benötigten Republikaner-Stimmen zusammen, um einen Übergangshaushalt ohne Bedingungen zusammen mit den Demokraten auf den Weg zu bringen. Obama hatte den Kongress am Abend noch einmal beschworen, der US-Regierung den Geldhahn nicht zuzudrehen.
Das Haushaltsbüro des Weißen Hauses ordnete an, die Aktivitäten »geordnet« herunterzufahren. »Leider haben wir keinen klaren Hinweis darauf, dass der Kongress rechtzeitig handelt, damit der Präsident ein Übergangsbudget bis Ende des morgigen Tages, dem 1. Oktober 2013, unterschreibt«, heißt es in dem am späten Montagabend (Ortszeit) veröffentlichten Dekret. Angesichts der mangelnden Finanzierung müssten die Behörden nun ihre Notfallpläne ausführen.
Mit der finanziellen Lähmung müssen rund 800.000 Staatsbedienstete unbezahlt in Zwangsurlaub geschickt werden. Zahlreiche Ämter und Einrichtungen müssen geschlossen bleiben. Ausnahmen gelten nur für Angestellte, die der Grundversorgung und der Sicherheit des Landes dienen, beispielsweise Soldaten, Gefängniswärter, Mitarbeiter an Grenzposten oder in Krankenhäusern.
Das Weiße Haus rief den Kongress auf, sich nun schnell auf eine »kurze Brückenfinanzierung« zu einigen, um dann einen Haushalt für das Fiskaljahr 2014 zu verabschieden. Das Ziel müsse die baldige Wiederaufnahme der suspendierten »wichtigen öffentlichen Dienstleistungen« sein.
Zuletzt hatte es in den USA zwischen 1995 und Januar 1996 mehrmals keinen gültigen US-Staatshaushalt gegeben. Der Stillstand unter Präsident Bill Clinton dauerte insgesamt 26 Tage. Seit 1976 kam es laut einer Zählung der »Washington Post« insgesamt 17 Mal zum sogenannten »Shutdown«. Dieser drohte in den vergangenen Jahren mehrfach, konnte aber immer noch rechtzeitig abgewendet werden.
Zusätzlich zum laufenden Etatstreit steht in den USA eine weitere heftig umstrittene finanzpolitische Entscheidung an. Bis zum 17. Oktober muss sich der Kongress auf eine Erhöhung der Schuldengrenze von 16,7 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) einigen. Andernfalls droht nach Angaben von Finanzminister Jack Lew die Zahlungsunfähigkeit. Die USA könnten dann keine Kredite mehr aufnehmen, mit verheerenden wirtschaftlichen Folgen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.