Kein Bier mit Schülern

Jürgen Amendt über den Schüler-Lehrer-Kontakt auf Facebook

  • Lesedauer: 2 Min.

Keine Frage: Facebook ist aus der zwischenmenschlichen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Mein 14-jähriger Sohn schickt mir schon lange keine E-Mails mehr. Wenn er mich mit Informationen - z.B. über nette Youtube-Videos - versorgen oder mich um eine Buchbestellung bitten will , erhalte ich von ihm eine Nachricht via Facebook. Sein Fußballtrainer teilt den Spielern Infos zu Spielansetzungen, Trainingszeiten etc. ebenfalls nur über Facebook mit. Sollte einer der Spieler zum Training oder zum Spiel aus Krankheits- oder anderen wichtigen Gründen nicht kommen können, verbittet sich der Trainer aber die Facebook-Notiz; hier ist er ganz altmodisch und beharrt auf dem Telefonanruf.

Das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern ist allerdings ein anderes als das zwischen Vater und Sohn oder einem Fußballtrainer und seinen jugendlichen Spielern. Als weiteres Bundesland hat dieser Tage Rheinland-Pfalz die Umgangsregeln für Lehrer mit der Plattform Facebook geregelt. Genauer gesagt: Man hat den Versuch einer Regelung unternommen, denn es gibt lediglich eine Handlungsanleitung, kein ausdrückliches Verbot des Facebook-Kontakts zwischen Lehrern und Schülern.

So wird ausdrücklich nur empfohlen, dass über schulische Angelegenheiten wie Noten, Hausaufgaben, Lernvorgaben etc. nicht mehr über Facebook kommuniziert wird. Der private Kontakt sei von dieser Empfehlung aber ausgenommen, teilt das Kultusministerium in Mainz mit. Wie in anderen Bundesländern auch sieht man es in Rheinland-Pfalz aber mit Skepsis, wenn sich Pädagogen mit ihren Schülern über Facebook privat austauschen.

Das ist eine widersprüchliche Empfehlung. Genau genommen ist nicht der »dienstliche« Kontakt zwischen Lehrkräften und Schülern das Problem, sondern die Vermischung zwischen Privatsphäre und Schule, die durch die »Freundschaften« auf Facebook entsteht. Lehrer, die über Facebook mit einzelnen Schülern »befreundet« sind, geben ähnlich leichtfertig die professionelle Distanz auf wie jene Pädagogen, die sich abends in der Kneipe mit einzelnen Schülern zum Billard spielen oder anderweitig in einem privaten Umfeld treffen.

Facebook ist eben kein Kanal zur Nachrichtenübermittlung wie das E-Mail-Programm oder das Telefon, es ist gewissermaßen die Kneipe mit Billardhinterzimmer von heute.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -