Erfinder der Antenne

Vor 100 Jahren starb der russische Physiker Alexander Popow

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 2 Min.
In vielen physikhistorischen Darstellungen sucht man seinen Namen vergebens. Da-bei war der Russe Alexander Stepanowitsch Popow der Erste, dem es gelang, eine Art Radioempfänger zu konstruieren. Gewöhnlich wird diese Leistung dem Italiener Guglielmo Marconi zugeschrieben, der 1909 den Physik-Nobelpreis erhielt. Doch als Marconi im Juni 1896 sein Gerät zum Patent anmeldete, hatte Popow das Prinzip der drahtlosen Nachrichtenübermittlung im »Journal der Russischen Gesellschaft für Physik und Chemie« bereits treffend beschrieben. Sein Aufsatz war die Quintessenz eines Vortrags, den er im Mai 1895 vor der Physikalisch-Chemischen Gesellschaft in St. Petersburg gehalten und dabei erstmals ein Gerät vorgeführt hatte, das heute als Antenne bekannt ist. Bei Popow war dies ein über zwei Meter langer Draht, in dem die elektromagnetischen Wellen eines Blitzes Spannungsimpulse induzierten. Mit Hilfe dieser Technik werde es künftig möglich sein, erklärte der Forscher seinen erstaunten Zuhörern, Nachrichten drahtlos zu übertragen. Einige Monate später erfüllte sich diese Prophezeiung. Und es war Popow selbst, der am 24. März 1896 das erste Morsetelegramm der Welt, die Wörter »Heinrich Hertz«, über eine Entfernung von 250 Metern durch den Äther transportierte. In den folgenden Jahren konnte er die Reichweite der drahtlosen Übertragung bis auf 112 Kilometer steigern, wobei seine Versuche in Russland als »geheim« eingestuft und mit Mitteln des Marine-Ministeriums finanziert wurden. Geboren am 16. März 1859 als Sohn eines Geistlichen im Gouvernement Perm, studierte Popow zunächst Theologie, bevor er 1882 an die mathematisch-physikalische Fakultät der Universität Petersburg wechselte. Danach war er Assistent an der Torpedoboot-Schule in Kronstadt und ab 1901 Physikprofessor am Elektrotechnischen Institut in St. Petersburg, wo er am 13. Januar 1906 starb. Von Marconis Ruhm überstrahlt, geriet Popow im Westen rasch in Vergessenheit, während er in seiner Heimat als der wahre Erfinder des Radios gefeiert wurde. Unter Stalin gingen übereifrige Ideologen sogar soweit, nahezu alle großen Erfindungen der Menschheit russischen bzw. sowjetischen Forschern zuzuschreiben. Diese Geschichtsklitterung beschädigte nachträglich auch den Ruf von Popow, so dass der »Urvater der Radiotechnik« erst relativ spät seinen Platz in den Annalen der Wissenschaft fand.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.