Weggesehen bis zur Schlägerei
Nebenkläger berichtete über die Vorstufen und Hintergründe eines Prozesses Eggesin
Von Wolfgang Rex
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Im August i1999 wurden auf einem Volksfest in Eggesin zwei Vietnamesen von Neonazis brutal zusammengeschlagen. Am 11. April diesen Jahres erhielten fünf der Täter Haftstrafen zwischen vier und sechseinhalb Jahren.
Die Öffentlichkeit, also auch die Presse, wurde während des Prozesses ausgeschlossen. Das hätte nicht zwingend geschehen müssen, so Rechtsanwalt Jost von Glasenapp. Vier der Täter waren zwar noch Jugendliche, zwei zählen zu den Heranwachsenden. In solchem Fall seien Verhandlungen im Prinzip öffentlich, selbst dann, wenn auch Jugendliche zu den Mitangeklagten gehören. Jost von Glasenapp vertrat im Prozess als Nebenkläger einen der beiden zusammen geschlagenen Vietnamesen. Er berichtete vorige Woche in der Greifswalder Stadtbibliothek über den Prozess vor dem Oberlandesgericht Rostock. Das Verfahren sei ausgesprochen fair gewesen. Das Oberlandesgericht habe aber auch unter vorzüglichen Bedingungen arbeiten können. Das Gericht beschäftigt sich in der Regel nicht mit Straf- sondern fast ausschließlich mit Revisionsverfahren. Die Ermittlungen› hatte die, Generalbundesanwaltschaft übernommen. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Glasenapp wollte der Staat Bundesrepublik damit ein Signal setzen. Für den Ausschluss der Öffentlichkeit zeigte der Rechtsanwalt Verständnis. Das Gericht habe den Druck vom Prozess nehmen wollen. Durch die intensiven Berichte in Zeitungen, im Fernsehen seien Erwartungen mit Blick auf das Urteil geweckt worden.
Am Ende des Prozesses kritisierte der Vorsitzende Richter Daily auf einer Pressekonferenz die Behörden Eggesins, die die rechte Szene gewähren ließen. Wie Rechtsanwalt Glasenapp berichtete, treffen sich die Rechtsextremen in zwei von der Stadtverwaltung verpachteten Garagen. Dort würden sie zwar nicht den ganzen Tag »Sieg Heil« brüllen, aber sich auch durch das Hören so genannter Skinhead-Musik aufputschen. Solche Musik propagiere unverhüllte Gewalt gegen Ausländer. Die Gruppen nennen sich »Weißer arischer Widerstand Eggesin« sowie »Nationaler Widerstand«. Auch nach der Tat, einem der beiden Vietnamesen wurde der Schädel eingetreten, konnten sich die Gruppen ungehindert in den Garagen treffen.
Zu_. dem Gespräch mit Rechtsanwalt Glasenapp hatte das Greifswalder Bündnis gegen Rechts eingeladen. Das Publikum diskutierte auch über Mittel, solche rassistischen Überfälle zu verhindern. Glasenapp hatte beispielsweise kritisiert, dass in Eggesin niemand eingeschritten ist, bevor es zu dem Überfall kam. Die Rechten seien offensichtlich nur ein Mal verwarnt worden, als sie während ihrer Treffs vor dem örtlichen Supermarkt in Alkohollaune randalierten. Danach habe man den Jugendlichen erst eine Hütte im Wald besorgt. Als die abbrannte, wurden ihnen die Garagen verpachtet. Fortan waren die jungen Neonazis aus dem Stadtbild verschwunden, sie störten nur noch die Anwohner bei den Garagen.
Der Rechtsanwalt räumte ein, dass es schwer ist, Treffpunkte der rechten Szene zu schließen. Vergehen oder das Zeigen verfassungsfeindlicher Zeichen müssen nachgewiesen werden. Erst dann kann die Polizei einschreiten. Leute aus dem Publikum hielten dagegen, dass Polizisten auch gerne wegsehen, wenn Neonazis offen provozieren wie etwa bei der 750- Jahr-Feier Greifswalds.
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