EU-Erfolgsprogramm wird ausgebaut
»Erasmus+« soll noch mehr Studierenden Auslandsaufenthalt ermöglichen / Linke warnt vor Elitisierung der Bildung
Dass »Erasmus« eines der besten und bekanntesten Programme ist, das die EU hervorgebracht hat, darüber bestanden im Straßburger Plenarsaal keine Zweifel. Abgeordnete aller Fraktionen huldigten dem akademischen Austauschprogramm bei ihrer Diskussion am Montag. Die zuständige Kommissarin Androulla Vassilion aus Zypern ergänzte: »Erasmus ist ein Symbol für unsere Grundwerte.«
Seit 26 Jahren haben Studierende die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Ausbildung für maximal zwölf Monate in anderen europäischen Ländern zu studieren. In Deutschland wurde im vergangenen Jahr zum 25. Erasmus-Jubiläum die 400 000. Erasmus-Studentin geehrt.
Europaweit kamen bislang mehr als drei Millionen junge Leute in den Genuss des Programms. Das Ziel der Kommission ist es, noch mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, im europäischen Ausland und darüber hinaus Erfahrungen zu sammeln.
»Erasmus+« beinhaltet daher neben dem bekannten Hochschulaustausch auch Programme für Schüler (Comenius), Erwachsene (Grundtvig) und Auszubildende (Leonardo da Vinci). »Nicht nur Studenten, sondern auch Jugendliche und Erwachsene sollen die Möglichkeit haben, Erfahrungen in anderen Ländern zu sammeln«, erklärte Berichterstatterin Doris Pack (CDU). 40 Prozent mehr Mittel als noch im vergangenen Förderzeitraum, insgesamt 14,7 Milliarden Euro, sollen den Programmen 2014 bis 2020 zur Verfügung stehen. Bis zu fünf Millionen junge Europäer aller Bildungsstufen sollen so Auslandsstipendien beantragen können.
Aus Sicht der Linken geht die Förderung nicht weit genug. Das Austauschprogramm sei weiterhin nur einer vergleichsweise geringen Anzahl von Studenten zugänglich, da ein Eigenbetrag erwartet wird. Die geplante Einführung eines Darlehens lehnt die GUE/NGL-Fraktion ab: »Es darf nicht sein, dass Studierende Kredite benötigen, um an einem solchen Programm teilnehmen zu können«, sagte Martina Michels, Vizevorsitzende im Ausschuss für Kultur und Bildung. Ihre französische Kollegin Christine Vergiat warnte vor einer Elitisierung des Studiums in Europa.
Andere Abgeordnete sahen gerade in dem neuen Finanzierungsinstrument die Möglichkeit, den Teilnehmerkreis zu erweitern. »Studenten, die mit dem leider magerem Erasmus-Stipendium bisher nicht ins Ausland gehen konnten, stehen künftig Darlehen für ein- oder zweijährige Masterstudien in einem anderen EU-Mitgliedsland zu günstigen Bedingungen zur Verfügung«, sagte Pack.
Viel Lob bekommt »Erasmus+« vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Studenten könnten Mobilitätskonten einrichten und freier über ihre Auslandsaufenthalte verfügen, erklärte DAAD-Referatsleiter Markus Symmank. Zudem gebe es nun einen Mindestsatz für das Stipendium, große Unterschiede zwischen den Ländern seien behoben.
Dass das hoch gelobte Programm keine Antwort auf die Jugendarbeitslosigkeit sei, bemerkten viele Abgeordnete. Ein interkultureller Austausch in jungen Jahren und die Einsicht, die junge Leute aus grenzüberschreitender Erfahrung gewinnen, könnten aber die Jobchancen verbessern, meint Pack: »Ich weiß jetzt, wer ich bin und was ich kann«, habe ihr ein Teilnehmer eines EU-Freiwilligenprogramms gesagt.
Laszlo Surjan, konservativer Abgeordneter aus Ungarn, schloss die Debatte mit einem trockenen Hinweis auf eine Realität, die für viele selbstverständlich geworden ist: »Wir, die wir hinter dem Vorhang lebten, begrüßen die Freizügigkeit der Mobilität.« Die Zustimmung des Rates zu »Erasmus+« galt als Formsache. Erste Ausschreibungen sollen zu Jahresbeginn veröffentlicht werden.
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