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Männer-Beobachtungen

Franziska zu Reventlow: Die Spielarten der Liebe machten ihr Spaß

  • Lisa Hertel
  • Lesedauer: 3 Min.

Männer und Frauen - ein unerschöpfliches, unauslotbares Thema. Wie witzig liest sich das, was die Reventlow über ihre Affären zu vermelden hat, mit wie viel Esprit resümiert sie ihre amourösen Abenteuer. Die geborene Schriftstellerin - oder? Dabei wollte sie viel lieber Malerin werden. Deshalb ging sie 1894 nach München. Dort, in der Schwabinger Bohème, probierte sie sich aus, als Malerin und als Liebhaberin. Wechselte die Männer in rasantem Rhythmus, wurde schwanger, verlor das Kind, heiratete, trennte sich wieder ... Dauer und Flüchtigkeit der Liebe werden ein beherrschendes Thema der jungen Autorin.

Franziska zu Reventlow, geboren 1871 in Husum, wollte ihrer gräflichen Familie entfliehen. Ihre Generation der Frauen war die erste, die es überhaupt wagen konnte, auszubrechen aus den harschen Bindungen ihres Standes und der geltenden Moralnormen. Ohne Skandal ging das nicht ab.

Bald stellt sich heraus, dass Schreiben doch ihre große Leidenschaft ist. 1903 arbeitet sie sich in ihrem ersten Roman »Ellen Olestjerne« an den Mustern ihrer aristokratischen, aber eher lieblosen Kindheit ab. Macht sich endgültig davon frei. »Von Paul zu Pedro« (1912), das Büchlein mit der hübschen Genrebezeichnung »Amouresken«, ist ein Briefroman, gerichtet an ihre »Konversationsliebe« Franz Hessel, den berühmten Berlin-Flaneur. Nachdem er aus München wegging, vermisst sie ihre »Teegespräche« in den Schwabinger Lokalen und schreibt ihm in fiktiven Briefen von ihren Beobachtungen an den Männern: ironisch zugespitzt, pointiert, amüsant. Für sie sind die Männer, mit denen sie liiert war - kürzer oder länger - immer Paul oder Pedro. Natürlich sind es »Sammelnamen«, denn sie versucht sich an einer Typologie ihrer Charaktere: der »Beschützer«, der »Retter«, die »Begleitdogge«. »Er hieß gar nicht Paul - er war es nur.« Vieles stört sie an den Männern, noch mehr aber zieht sie immer wieder an. Dass aber beinahe jeder, der ihr gefällt, immer schon verheiratet ist und mehrere Kinder hat, nervt sie gewaltig. Augenzwinkernd stellt sie fest, »daß man als Frau keine Logik zu haben braucht«.

So kann sie ihrem Beobachtungstalent freien Lauf lassen. Sind ihr die einen zu langweilig, so die anderen zu forsch. Das führt dann zu den tragischen oder den heiteren Amouren, den »seriösen Dauersachen« oder »flüchtigen Minnehändeln«. Der eine hält sie aus, der andere will ihr Geld.

Franziska Gräfin zu Reventlow unterzieht im Plauderton ihre Erfahrungen mit Männern einem kurzweiligen, unterhaltsamen Resümee. Waren es bis dahin nicht meist die Frauen, die von den Männern taxiert wurden? Warum also nicht einmal umgekehrt? Sie ist eine lebenskluge, keineswegs überhebliche Frau, die mit Augenmaß auf den Punkt bringt, was ihr an den Männern als unverwechselbar und liebenswert auffällt. Für jeden von ihnen hat sie ein elegantes Bonmot parat.

Die Spielarten der Liebe machen ihr einfach Spaß. Eifersucht hat in diesen Beziehungsvarianten gar nichts zu suchen. Männliche Besitzansprüche werden grundsätzlich zurückgewiesen. Alles bleibt provisorisch. Auch wenn sie zunehmend in prekären materiellen Verhältnissen lebt, verliert sie den Humor nicht. »Aber denken Sie nur«, schreibt sie ihrem »lieben Doktor«, »wenn ich damals Romantik und schauervolle Wirklichkeit verwechselt hätte ...«. In der schönen handlichen Reihe »blue notes« der Edition Ebersbach kann man das nun mit Vergnügen nachlesen.

Franziska zu Reventlow:
Von Paul zu Pedro. Amouresken. Edition Ebersbach. 128 S., geb., 15,80 €

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