Strafen für die »Kunden« sollen den Markt austrocknen
Gesetz soll in Frankreich die Prostitution nachhaltig zurückdrängen
Das Gesetz zur Bekämpfung der Prostitution, das sozialistische Abgeordnete eingereicht haben und das von der Linksregierung unterstützt wird, ist am Dienstag in der Nationalversammlung in erster Lesung mit großer Mehrheit angenommen worden. Es muss nun im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, behandelt werden und dann noch eine zweite Lesung und Abstimmung in beiden Kammern absolvieren. An der definitiven Annahme besteht kein Zweifel, weil nicht nur die meisten Parlamentarier der Sozialisten (PS), der Grünen und der Linksfront dahinter stehen, sondern auch viele Abgeordnete der rechten Oppositionspartei UMP. Dagegen kommt die ebenfalls sehr breite und bunte Front der Gegner des Gesetzes nicht an, die in der öffentlichen Debatte vor allem kritisieren, dass das Gesetz die Prostituierten - oder auch Sexarbeiter, denn 15 Prozent sind Männer - paternalistisch bevormundet und sie pauschal als Opfer behandelt, auch wenn sie das »älteste Gewerbe der Welt« aus freier Wahl und gern ausüben. Kritisiert wird zudem die Kriminalisierung der Kunden, auf die die Polizei künftig Jagd machen soll, nachdem sie bisher beim Kampf gegen Zuhälter und Schlepper schmählich versagt hat. Die Befürworter des Gesetzes verweisen auf die Erfolge eines vor Jahren angenommenen analogen Gesetzes in Schweden, wo dadurch die Prostitution auf die Hälfte zurückgegangen ist. Zentraler Punkt des neuen Gesetzes ist die Bestrafung des Kunden. Wenn ihn die Polizei »in flagranti« erwischt, droht ihm eine Geldstrafe von 1500 Euro und im Wiederholungsfall von 3000 Euro, während die Prostituierte nicht bestraft wird. Dadurch soll das Kräfteverhältnis nachhaltig zugunsten der Prostituierten verändert werden, die vom Gesetz als Opfer behandelt werden. Das stärkste Argument der Befürworter des Gesetzes ist, dass nachweislich 85 Prozent der in Frankreich auf 40 000 geschätzten Prostituierten aus Osteuropa, Afrika und Asien geholt wurden und fast alle gegen ihren Willen durch Zuhälter - nur zu oft mit körperlicher Gewalt - zur Arbeit und zur Teilung des Gewinns mit ihnen gezwungen werden. Viele werden krank oder halten nur mit Hilfe von Alkohol und Drogen durch. »Selbstbestimmte und zufriedene Prostituierte sind eine Randerscheinung«, ist Danièle Bousquet, PS-Abgeordnete und Mitinitiatorin des Gesetzes, überzeugt. »Zumeist handeln sie unter Zwang oder Druck und werden daran gehindert, aus diesem schmutzigen und erniedrigenden Gewerbe auszusteigen.« Denen, die diesen Schritt gehen wollen, und den Vereinigungen, die ihnen helfen, sagt die Regierung einen Hilfsfonds von 20 Millionen Euro zu. Daraus sollen vor allem Umschulungen und berufliche Integrationsprogramme finanziert werden. Das ist sechs Mal so viel, wie bisher diesen Vereinigungen zur Verfügung gestellt wurde. Bleibt, dass das neue Gesetz in sich zweideutig ist, weil es die Ausübung der Prostitution nicht verbietet - solange sie »nicht die öffentliche Ordnung gefährdet«, wie es in einer Polizeiverordnung heißt -, aber durch die Bestrafung der »Freier« de facto unmöglich machen will.
»Es ist schon ziemlich irrationell, dass Personen Dienstleitungen anbieten dürfen, die zu kaufen anderen Personen verboten wird«, schätzt der Philosoph Ruwen Ogien ein, der andererseits konkrete und wirksame Maßnahmen gegen die Zuhälter vermisst. »Offenbar setzt man blauäugig darauf, dass durch das Austrocknen des Marktes automatisch auch der Geldfluss in die Taschen der Sex-Mafia versiegt.«
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