Ältestenrat: Kopf-Platz umbenennen

Auch Niedersachsens SPD will neue Landtagsadresse

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Areal vor dem niedersächsischen Landtag soll nicht länger Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz heißen. Einmütig hat das der Ältestenrat des Parlaments jetzt angesichts der Nazi-Vergangenheit des Namensgebers empfohlen.

Das Votum gegen die braun belastete Adresse mag überraschen. Entspricht es doch nicht dem Rat der von Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) mit der Causa Kopf beauftragten Historischen Kommission. Sie hatte empfohlen, den Namen des ersten Ministerpräsidenten Niedersachsens, eines SPD-Mannes, »nicht aus dem öffentlichen Bewusstsein zu tilgen«.

Nach der Sitzung des Ältestenrates, dem Abgeordnete aller Landtagsfraktionen angehören, erklärte Busemann: Eine Abwägung zwischen den Verdiensten Kopfs um das Land und der Schuld, die er während der Nazi-Herrschaft auf sich geladen hat, sei nicht möglich. Darüber hinaus sei es nicht hinnehmbar, dass der damalige Regierungschef 1948 im Landtag zu seiner NS-Vergangenheit die Unwahrheit gesagt hatte, um sich dadurch das Vertrauen der Abgeordneten zu sichern. »Alle Mitglieder des Ältestenrates haben den Wunsch, dass der Platz vor dem Landtag einen unbelasteten Namen erhält«, sagte der Präsident.

Politische Beobachter hatten gemutmaßt, die Landtags-SPD werde womöglich dem Rat der Historischen Kommission folgen und sich gegen eine Umbenennung des Platzes aussprechen, um den 1961 verstorbenen Genossen nicht posthum zu beschädigen. Zumal sich die Fraktion zur Empfehlung der Historiker nicht mit Ja oder Nein geäußert hatte.

Erst am Tag vor der Sitzung des Ältestenrates bezog die rot-grüne Regierungskoalition eindeutig Stellung: »Das Stimmungsbild in der SPD-Fraktion ist klar«, berichtete deren Vorsitzende Johanne Modder. »Wir tun uns schwer damit, wenn der Platz den Namen Hinrich Wilhelm Kopf behält.«

Die Grünen plädieren dafür, den Platz »im Sinne der Opfer« umzubenennen. Fraktionschefin Anja Piel erinnert an das Ergebnis der historischen Untersuchungen zu Kopf. Sie hatten unter anderem ergeben, dass sich der Sozialdemokrat zur Zeit des Hitler-Terrors an jüdischem Eigentum bereichert und an der so genannten Arisierung der deutschen Wirtschaft mitgewirkt hatte. »Wir müssen uns die historische Bedeutung und Wirkung des jetzigen Namens für den Platz vor dem Parlament bewusst machen«, gibt Piel zu bedenken. Vor diesem Hintergrund spreche sich die Grünen-Fraktion »für eine neue Namensgeberin aus, die für die Auseinandersetzung mit der Geschichte steht«. Einen konkreten Vorschlag nennen die Grünen nicht, aber: »Wir würden gern den Namen einer Frau sehen.«

Auch die SPD hält sich zurück, »aus Respekt vor den Kommunalpolitikern«, so die Fraktionsvorsitzende Modder. Denn die Entscheidung zur Neubenennung trifft schließlich allein der Bezirksrat Hannover Mitte. Ihm will Landtagspräsident Busemann jetzt offiziell mitteilen, dass der Ältestenrat die Umbenennung begrüßt. Dass sich die Kommunalpolitiker diesem Wunsch verschließen, ist kaum zu vermuten. SPD und Grüne haben im Bezirksrat die Mehrheit.

Die Aussage des Ältestenrates dürfte wegweisend sein, wenn in den kommenden Monaten in mehreren Gremien, vor allem auf kommunaler Ebene, über Umbenennungen diskutiert wird. Über Straßen, Plätze und Schulen mit dem Namen eines Mannes, der zur Nazizeit Grabsteine eines jüdischen Friedhofs verkaufte - zum Zerschreddern für den Straßenbau.

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