Erneuter Anschlag in Wolgograd: Mindestens 14 Tote

Detonation zerreißt voll besetzten Bus der Linie N15 / Ähnliche Handschrift wie der Anschlag vom Sonntag

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Moskau. Nur einen Tag nach einem Selbstmordattentat mit 17 Toten sind bei einer weiteren Explosion in einem Bus in der südrussischen Stadt Wolgograd mindestens 14 Menschen getötet worden. Auch dabei habe es sich um einen Anschlag gehandelt, es seien Ermittlungen wegen eines »terroristischen Attentats« aufgenommen worden, sagte ein Sprecher des Ermittlungskomitees zu russischen Nachrichtenagenturen.

Bei der Detonation waren den Rettungskräften zufolge mindestens 10 Menschen getötet und 28 verletzt worden. »Im Fahrzeug lag vermutlich ein Sprengsatz«, sagte am Montag ein Mitarbeiter des Nationalen Anti-Terror-Komitees NAK der Agentur Interfax zufolge. Die Explosion ereignete sich am Montagmorgen um 08.23 Uhr (Ortszeit, 05.23 Uhr MEZ).

Bomben und Geiselnahmen: Terror in Russland

Dezember 2013

Im Bahnhof der Millionenstadt Wolgograd zünden Terroristen am 29.12. eine mit Nägeln und Schrauben gefüllte Bombe. Bei dem Selbstmordanschlag sterben mindestens 17 Menschen.

Oktober 2013

Mit einer Bombe in einem Linienbus in Wolgograd tötet eine Selbstmordattentäterin sechs Insassen und sich selbst. Mehr als 30 Menschen werden zum Teil schwer verletzt. Fahnder vermuten, dass Islamisten aus dem Nordkaukasus der Frau die Bombe übergeben haben.

Januar 2011

Bei einem Selbstmordanschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo sterben mindestens 37 Menschen. Drahtzieher der Sprengstoffattacke ist der tschetschenische Terrorist Doku Umarow, der der russischen Regierung per Video mit weiteren Anschlägen droht.

März 2010

Selbstmordattentäterinnen sprengen sich in zwei Zügen der Moskauer U-Bahn in die Luft und reißen mindestens 40 Menschen mit in den Tod. Auch hinter diesem Anschlag steckt Umarow.

November 2009

Bei einem Sprengstoffanschlag auf den Schnellzug Moskau-St. Petersburg kommen mindestens 26 Menschen ums Leben. Umarow bekennt sich zu dem Anschlag und kündigt einen »Sabotagekrieg« gegen die »blutige Besatzungspolitik« Moskaus im Kaukasus an.

September 2004

Bewaffnete überfallen eine Schule in Beslan (Nordossetien) und nehmen 1100 Kinder, Eltern und Lehrer als Geiseln. Das Terrordrama endet mit 360 Toten. Als einer der Drahtzieher gilt der tschetschenische Rebellenführer Schamil Bassajew.

August 2004

Zeitgleich stürzen zwei russische Passagiermaschinen ab. Alle 90 Menschen an Bord kommen ums Leben. In beiden Maschinen hatten Selbstmordattentäterinnen aus Tschetschenien Bomben gezündet.

Oktober 2002

Tschetschenen überfallen ein Moskauer Musical-Theater und nehmen mehr als 800 Geiseln. Nach drei Tagen stürmt die Polizei das Gebäude. 129 Geiseln und alle 41 Terroristen sterben.

Auf Fernsehbildern war ein völlig zerstörter Bus zu sehen. Erst am Sonntag hatte sich eine Frau am Eingang eines Bahnhofs der Stadt in die Luft gesprengt. Dabei wurden nach jüngsten Angaben 17 Menschen getötet. Die Stadt liegt rund 700 Kilometer von Sotschi entfernt, dem Ort, wo in sechs Wochen die Olympischen Winterspiele beginnen. Das Attentat vom Sonntag war international verurteilt worden.

Zum Zeitpunkt der Explosion sei der Bus der Linie N15, die von einer Plattenbausiedlung in das Stadtzentrum führt, voll besetzt gewesen, sagte ein Mitglied der Rettungskräfte. Die Detonation habe das Fahrzeug völlig zerstört. »Der Knall war kilometerweit zu hören.« Ermittlern zufolge trägt die Explosion eine ähnliche Handschrift wie der Anschlag vom Sonntag. »Wir schließen einen Zusammenhang der beiden Fälle nicht aus«, sagte der NAK-Mitarbeiter.

Kremlchef Wladimir Putin beauftragte den Inlandsgeheimdienst FSB, sich in die Ermittlungen einzuschalten. Der Präsident habe sich dazu mit FSB-Chef Alexander Bortnikow beraten, teilte der Kreml mit. Putin traf sich auch mit Regierungschef Dmitri Medwedew. Beide Politiker bekräftigten, dass die Terrorakte nicht ungesühnt bleiben dürften.

Hinter der Tat werden Islamisten vermutet. Als Reaktion hatte das russische Innenministerium bereits eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land angeordnet sowie die Terrorwarnstufe für Wolgograd heraufgesetzt. Das frühere Stalingrad liegt nahe der unruhigen Kaukasusregion. Islamistische Rebellen wollen im Nordkaukasus einen islamistischen Staat errichten. Ihr Anführer Doku Umarow hatte im Juli in einem Video zu Anschlägen aufgerufen, um die Ausrichtung der Olympischen Spiele »mit allen Mitteln« zu verhindern.

Trotz der jüngsten Terroranschläge mit insgesamt mindestens 30 Toten sieht Russland die Sicherheit der Olympischen Winterspiele in knapp sechs Wochen in Sotschi nicht gefährdet. »Was die Wettkämpfe betrifft, sind alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Zusätzliche Schritte werden nicht unternommen«, sagte der Chef des Nationalen Olympischen Komitees Russlands, Alexander Schukow, am Montag der Agentur Interfax.

In Sotschi werde es erstmals in der Olympia-Geschichte einen speziellen Zuschauerpass geben. »Dadurch wird jeder Besucher genau identifiziert«, sagte Schukow. Agenturen/nd

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