SPD-Entwicklungspolitiker wechselt in die »IPO«

Sascha Raabe legt Sprecherposten nieder, bleibt im Parlament und kündigt Druck von innen und außen auf die Regierung an

  • Roland Bunzenthal
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Verteilungskampf in der Großen Koalition hat eine erste personelle Konsequenz: Sascha Raabe trat als entwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion zurück.

Er hat schneller begonnen als es viele Beobachter erwartet haben: der Verteilungskampf in der Großen Koalition. Dabei zeichnet sich ab, dass die Konfliktlinien zum Beispiel bei der Aufstellung des Bundeshaushaltes 2014 nicht nur entlang der zwei Fraktionen und drei Parteien verlaufen, sondern durchaus auch zwischen den unterschiedlichen Interessen in den einzelnen Fraktionen.

Das erste prominente Opfer dieses beginnenden Gerangels um die knappen Mittel ist der entwicklungspolitische Sprecher der SPD, Sascha Raabe. Er legte jetzt sein Sprecher-Amt nieder, behielt jedoch sein Bundestagsmandat. Dabei hatte sich der hessische Abgeordnete im Gespräch mit »nd« nach Beendigung der Arbeitsgruppe Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik bei den Koalitionsverhandlungen fast euphorisch gegeben: »Wir haben unser Wahlprogramm umgesetzt.« War es Raabe doch in aller Stille gelungen, eine finanzielle Forderung in das AG-Papier zu schreiben, die angesichts der sonstigen Sparanstrengungen wenig realistisch erscheint.

Das Arbeitsgruppen-Papier geht von einer jährlichen Zunahme in der Entwicklungshilfe von jeweils einer Milliarde pro Jahr aus - was über die vierjährige Legislaturperiode betrachtet eine zusätzliche Summe von zehn Milliarden Euro gebracht hätte - Raabe argumentiert vor allem mit den vielen internationalen Abkommen, in denen die Bundesregierung die kräftige Steigerung der Hilfe verspricht und immer wieder betont hatte, man werde weiterhin auf das Ziel der Vereinten Nationen hinsteuern, mindestens 0,7 Prozent des eigenen Bruttonationaleinkommens (BNP) für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen.

Raabe hätte sich, auch nach eigenen Worten, mit der Hälfte seines Wunsches zufrieden gegeben, also mit 500 Millionen. Doch die Schlussrunde der Parteispitzen mit ihrer Rotstift-Funktion brachte ein für Raabe niederschmetterndes Ergebnis: Allenfalls 200 Mitllionen soll der Etat des frisch gebackenen Entwicklungsministers Gerd Müller pro anno mehr ausgeben dürfen. »Das reicht kaum, um die BNP-Quote auch nur zu halten. so Raabe. Tatsächlich sank das Verhältnis von Wirtschaftsleistung und Hilfsbereitschaft seit 2011 von 0,39 auf nur noch 0,37 Prozent im neuen Jahr.

Absolut sieht der bisherige Etat des Entwicklungsministers für 2014 einen leichten Rückgang um 14 Millionen auf noch 6,28 Milliarden Euro vor. Doch nun ist der im vergangenen Juni aufgestellte Pro-Forma-Haushalt weitgehend Makulatur. Jetzt beginnen erst die Chefgespräche für den neuen Etat 2014 zwischen Fach- und Finanzminister, bei denen Wolfgang Schäuble sowohl auf das Tempo als auch auf die Budget-Höhe der Ressort-Kollegen drückt. Sein oberstes Ziel ist die Einhaltung der vor zwei Jahren geschaffenen Finanz-Zwangsjacke bis 2015 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt und bis 2016 keinerlei neue Schulden mehr zu machen.

Für Raabe, unermüdlicher Kritiker des Ex-Entwicklungsministers Dirk Niebel (FDP), ist der Kampf gegen die Armut in den Entwicklungsländern sein «politisches Lebensthema» Umso enttäuschter war er «von einigen Mitgliedern der SPD-Spitze.» und damit meine er ausdrücklich nicht die Partei, die mit großer Mehrheit zu dem 0,7 Prozent-Ziel. stehe. «Schade und traurig ist nur, dass unsere Parteiführung Entwicklungspolitik nicht mehr als ein sozialdemokratisches Kernanliegen, als ›unser Projekt‹, wahrnimmt.»

Raabe will künftig verstärkt in Entwicklungsorganisationen und Hilfswerken mitwirken und von außen die Koalition unter Druck setzen - quasi IPO und APO, inner. und außerparlamentarische Opposition betreiben.

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