Diagnose: Schleichende Schwindsucht
Sachsen-Anhalt: Nur noch 18 000 Parteimitglieder
Magdeburg. Nahezu überall in Deutschland sinkt die Zahl der Menschen, die Mitglied in einer politischen Partei sind. Das hat Auswirkungen für die Aufstellung von Kandidaten für öffentliche Ämter, auch Wahlkampagnen sind immer schwerer zu organisieren. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel - dort leben rund 2,25 Millionen Menschen - ist die Zahl der Parteimitglieder auf 18 000 gesunken. Einige der Parteien wollen nun, auch mit Blick auf die anstehende Kommunalwahl, die Mitgliederwerbung verstärken.
Die CDU ist in Sachsen-Anhalt die mitgliederstärkste Partei. Doch auch sie zählte Ende November vergangenen Jahres nur noch 7267 Mitglieder. Das waren rund 250 weniger als ein Jahr zuvor. Seit der Bundestagswahl habe sich der Trend allerdings gedreht, sagte Landesgeschäftsführer Mario Zeising. Rund fünf Prozent der Mitglieder sind unter 30, mehr als 40 Prozent über 60 Jahre alt. Zur Mitgliederwerbung setzt die Partei vor allem auf persönliche Gespräche vor Ort, allerdings habe es zuletzt auch vermehrt Eintritte per Online-Formular gegeben.
Die Linkspartei zählte Ende November 4420 Mitglieder; Ende 2012 waren es noch fast 200 mehr. »Trotz der Eintritte in die Partei verlieren wir aufgrund des hohen Durchschnittsalters mehr Mitglieder als wir gewinnen können«, sagte Sprecherin Anke Lohmann. Rund fünf Prozent der Mitglieder seien unter 30 Jahre alt, zwei Drittel aber älter als 60 Jahre.
Nur einen geringen Verlust verbuchte die SPD: Sie zählte Ende vergangenen Jahres 3765 Mitglieder; ein Jahr zuvor waren es 24 mehr. Der nur leichte Rückgang sei auch auf den Mitgliederentscheid über die Bildung einer Koalition mit der Union im Bund zurückzuführen, hieß es. »Wie die SPD bundesweit hatten wir im Zuge des Mitgliederentscheids eine Reihe von Neueintritten«, sagte Sprecher Falko Grube. Etwa 50 Bürger seien in diesem Zusammenhang der SPD beigetreten. Eine eigene Arbeitsgruppe der SPD, die auch einen Etat hat, kümmert sich um die Werbung und Betreuung neuer Mitglieder.
Die Grünen legten als eine der wenigen Parteien zu - um rund drei Prozent auf 727 Mitglieder zum Jahresende. »Langfristig ist mit einem weiteren kontinuierlichen Mitgliederzuwachs zu rechnen«, sagte Sprecherin Paula Grobbecker. Allerdings habe die jüngste Bundestagswahl sich weniger stark ausgewirkt als die Landtagswahl 2011. Die Mitglieder der Grünen sind im Schnitt relativ jung: Ein Viertel ist unter 31 Jahre alt, nur elf Prozent älter als 61 Jahre.
Bei der inzwischen weder im Bundestag noch im Landtag vertretenen FDP ging die Mitgliederzahl dagegen zurück. Ende 2013 waren es im Land noch 1413, 100 weniger als im Vorjahr. »Der langfristige Trend ist weiterhin eher fallend«, sagte Hauptgeschäftsführer Andreas Schnurpel. Ein Grund sei neben der demografischen Entwicklung und der allgemeinen Parteienverdrossenheit eine Änderung, wonach Bürger auch ohne Mitgliedschaft stärker mitwirken könnten.
Einen starken Mitgliederschwund verzeichneten die Piraten: Hier ging die Zahl von 677 auf 446 um rund ein Drittel zurück. Hintergrund sei allerdings eine Aktion zur Streichung nicht zahlender Mitglieder und eine Bereinigung um »Karteileichen« gewesen, erklärte die Partei. Bei der Vorbereitung der Kommunalwahlen sei ein Anstieg an Interessierten zu spüren. Die Piratenpartei zieht vor allem jüngere Menschen an: Die Zahl der Parteimitglieder über 60 Jahre liegt bei nur rund fünf Prozent. dpa/nd
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