Energiewende, Außenpolitik, Rentenreform und Mindestlohn

Minister auf der Suche nach Profil

  • Lesedauer: 4 Min.

Weniger Stütze für Ökostrom

Sigmar Gabriel und seine »Energiewende 2.0«

SPD-Chef Sigmar Gabriel kommuniziert gern. Vor allem mit der Presse. Seine Vorstöße sind vor allem bei der eigenen Partei gefürchtet. Doch eines muss man dem frisch gebackenen Bundeswirtschaftsminister lassen: Er weiß, wie man modern klingt. Kein Wunder, schließlich war er auch einmal Popbeauftragter seiner Partei und somit stets am Puls der Zeit. Seine umstrittenen Pläne zur Reform der Ökostromumlage kursieren mittlerweile unter dem Kampfnamen »Energiewende 2.0«. Der Entwurf sieht vor, die Vergütung für neue Ökostromanlagen von derzeit 17 auf 12 Cent je Kilowattstunde zu verringern. Zudem sollen EEG-Ausnahmeregelungen für Industrieanlagen abgebaut werden. Derzeit belaufen sich diese verdeckten Subventionen auf jährlich fünf Milliarden Euro. Kritik aus den eigenen Reihen gibt es für seinen Vorstoß, den Ausbau der Windkraft an Land zu begrenzen. Bis 2020 sollen jährlich nur noch Windkraftanlagen bis zu einer Leistung von insgesamt 2500 Megawatt gebaut werden. Das entspricht etwa 1000 Windrädern. Trotzdem soll der der Ökostromanteil von heute 25 Prozent bis 2025 auf 40 und bis zum Jahr 2035 auf 55 bis 60 Prozent gesteigert werden. fal

Reden ist Gold - aus Afrika

Steinmeier und von der Leyen teilen sich rein

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) frühstückte mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), bevor er sich am Dienstag zu seinem bereits dritten Arbeitsbesuch nach Paris aufmachte - Reden ist Gold. Um Gold und Uran geht es Kritikern des Einsatzes in Mali in erster Linie. Das französische Engagement in Afrika durch einen zusätzlichen Einsatz der Bundeswehr zu stärken, darüber waren sich Steinmeier und von der Leyen am Ende offenbar einig. Derzeit sind rund 100 deutsche Soldaten an der EU-Mission zur Ausbildung der malischen Armee beteiligt, ihre Zahl soll auf bis zu 250 Soldaten steigen. Im Gespräch ist auch der Schutz von Ausbildungscamps. Zudem unterstützt die Bundeswehr französische und afrikanische Truppen mit Transport- und Tankflugzeugen.

Dass der Außenminister das Management im Dialog mit Frankreich übernommen hat, ist eine der Besonderheiten der neuen Großen Koalition. Von der Leyen spricht zwar Französisch, überlässt Steinmeier aber das Feld, wie es aussieht. Vielleicht verspricht ihr das verminte Afrika zu wenig öffentliche Anerkennung. Die hatte sie sich im Handstreich durch einen Truppenbesuch in Afghanistan und die Ankündigung familienpolitischer Maßnahmen für die Bundeswehr schnell erworben. Doch die Probleme kommen sicher bald. Zum Beispiel, wenn umstrittene Projekte wie die gescheiterte Drohne Euro Hawk aufgerufen werden. Zu gern würde von der Leyens Ministerium das 288 Millionen Euro teure Aufklärungssystem Isis behalten. dpa/uka

Ärger mit der Rentenreform

Verzögerungen und fehlende Daten

Letzte Woche hatte sich CDU-Fraktionschef Volker Kauder noch öffentlich gefreut, dass Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihre Gesetzespläne zuerst den Fraktionschefs der Koalition vorstellte. Das hatte Nahles’ Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen offenbar nie getan. Nur vier Wochen nach dem Amtsantritt der Großen Koalition präsentierte Nahles nun bereits den Gesetzentwurf zur Rentenreform. Demnach sollen ab 1. Juli 2014 jene Mütter eine höhere Rente erhalten, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben. Davon würden rund 9,5 Millionen Frauen profitieren. Pro Kind gibt es dann monatlich im Westen 28,14 Euro und im Osten 25,74 Euro. Doch offenbar hat man den technischen Aufwand unterschätzt. Die Auszahlung soll sich um mehrere Monate verzögern. Spätestens zu Weihnachten hätten die Frauen das Geld aber auf dem Konto, versprach SPD-Fraktionsvize, Carola Reimann, dem Nachrichtenmagazin »Focus«.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass auch das zweite große Rentenprojekt, die Rente mit 63 für langjährige Versicherte, nicht wie geplant umgesetzt werden kann. Laut Entwurf sollen Zeiten der Erwerbslosigkeit angerechnet werden, in denen der Betroffene Arbeitslosengeld bezog. Nicht berücksichtigt werden Zeiten von Sozial- oder Arbeitslosenhilfe bzw. Hartz IV - Langzeitarbeitslose sollen nicht von der Reform profitieren. Die »Süddeutsche Zeitung« berichtete von einer internen Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung, dass diese für die Jahre 1978 bis 2001 gar keine entsprechenden Daten erfasst hat. Auch die Bundesagentur für Arbeit speichert die Informationen über die Art der Leistungen nicht länger als fünf Jahre. Somit wissen beide Institutionen nur, ob jemand arbeitslos war. Nicht aber, ob dabei Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bezogen wurde. fal

Keine Ausnahmen

Andrea Nahles will Mindestlohn ohne Abstriche

»Zum 1. Januar 2015 wird ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde für das ganze Bundesgebiet gesetzlich eingeführt.« So steht es im Koalitionsvertrag. Doch derzeit streiten Union und SPD, ob es Ausnahmen geben soll. Während der Wissenschaftliche Dienst in den von der CSU geforderten Ausnahmen für Saisonarbeiter, Rentner und Studenten einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes sieht, fordern auch Teile der CDU solche Ausnahmen. Einige Unionspolitiker können sich gar vorstellen, einen niedrigeren Ost-Mindestlohn einzuführen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) gibt sich unbeeindruckt und will den entsprechenden Gesetzentwurf bereits vor der Sommerpause vorlegen. »Ohne Ausnahmen, wie es auch der Koalitionsvertrag präzise formuliert«, sagte Nahles dazu den »Ruhr Nachrichten« vom Mittwoch. fal

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