Hanswurst als Blitzableiter

Petition gegen Markus Lanz

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass die ZDF-Show »Wetten, dass ...?« am 25. Januar Station in Karlsruhe macht, also in jener Stadt, in der das Bundesverfassungsgericht über die Einhaltung der verfassungsrechtlich verbrieften Rechte des Souveräns - des Volkes - wacht, ist ein Zufall, aber einer mit Symbolkraft. Ginge es nämlich nach einem Teil der Internetgemeinde, dann müsste das ZDF den Moderator der Sendung, Markus Lanz, per Volksabstimmung den Stuhl vor die Tür setzen. Der hatte vor Wochenfrist gemeinsam mit dem »Stern«-Journalisten Hans-Ulrich Jörges die Linkspartei-Politikerin Sahra Wagenknecht dermaßen despektierlich behandelt, dass Zweifel an der journalistischen Professionalität, der gebotenen Neutralität, vor allem aber am Anstandsempfinden der beiden angebracht sind. Zweifel mit Folgen: Die Schar jener, die die Online-Petition mit dem Titel »Markus Lanz raus aus meinem Rundfunkbeitrag!« unterzeichnet haben, hat mittlerweile die 170 000er Marke überschritten - und das rund 50 Tage vor Ende der Zeichnungsfrist.

Der Initiatorin der Petition, der Leipzigerin Maren Müller, ist der Erfolg mittlerweile selbst etwas unheimlich. Sie wisse aus eigener Erfahrung, wie schwierig es sei, Unterschriften für andere Petitionen, zum Beispiel zu Themen wie Umweltschutz, zu sammeln; selten käme eine solche Petition über die Zahl von 25 000 Unterstützern hinaus.

Das sind aber die Regeln des großen Dorfes namens Internet: Was sich Existenzrecht sichern will, muss beständig durch die Aufmerksamkeitsmühlen gedreht werden. Mehr als in der analogen gilt in der digitalen Welt: Ohne einen Hanswurst, auf den alle zeigen können, entsteht kein sogenannter Shitstorm. Während interessanterweise Jörges kaum von den Medien attackiert wird, machen die Leitmedien wie der »Spiegel« den Shitstorm gegen den Moderator munter mit. Bernhard Jodeleit, der PR-Strategien für Firmenauftritte im Internet entwirft, hat dafür eine einfache Erklärung. Lanz sei bereits seit einiger Zeit »eine Art Hassobjekt in einer bestimmten Medienblogger- und Medienjournalisten-Szene im Internet«, sagte Jodeleit in einem Interview mit »Deutschlandradio Kultur«. Das Internet gehe dabei mit Lanz nicht fairer um als dieser mit seinen Gästen.

Bedauern braucht man Markus Lanz trotzdem nicht. Er muss jetzt das einstecken, was sich nach jeder Sendung mit Jauch, Illner, Will bei vielen Zuschauern angestaut hat: den Groll über eine zur Ja/Nein-Frage verkommenen politischen Debattenkultur im Fernsehen, gepaart mit dem aufgestauten Zorn gegen die Gebühreneintreiber bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die ihrem Publikum gerade in der Person eines Markus Lanz nicht viel mehr bieten können als eine Kopie des Privat-TV.

Am Samstag wird Markus Lanz wieder auf der Bühne stehen. Einen Vorschlag für eine Saalwette hätte ich schon: Wetten, dass es Lanz nicht schafft, bis zum Ende der Sendung 100 Karlsruher Frauen auf die Bühne zu bringen, die sich als Sahra Wagenknecht verkleidet haben? Die Wette dürfte ich verlieren.

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