250 Millionen Kinder können nicht lesen und schreiben
UNESCO kritisiert Tatenlosigkeit der Weltgemeinschaft
Addis Abeba. Die Weltgemeinschaft hinkt dem Millenniumsentwicklungsziel, bis 2015 eine Primärschulbildung für alle Kinder zu erreichen, deutlich hinterher. Weiterhin können rund 250 Millionen Kinder weltweit weder lesen, schreiben noch rechnen, obwohl viele von ihnen mehrere Jahre eine Schule besucht haben. Etwa 57 Millionen Kinder haben überhaupt keinen Zugang zu Schulbildung. Gleichzeitig gibt es in einzelnen Ländern - darunter Benin, Ruanda, Äthiopien, Vietnam und Laos - auch deutliche Fortschritte im Bildungsbereich. Dies geht aus dem Unesco-Weltbildungsbericht 2013/14 hervor, der am Mittwoch in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba präsentiert wurde.
Grund für die verheerende Lage sind neben einem dramatischen Lehrermangel in Entwicklungsländern auch die mangelhafte Ausbildung von Lehrkräften sowie die schlechte Qualität des Unterrichts im Allgemeinen. So gebe es in einigen Ländern Klassen mit weit über 100 Schülern. »Ich selbst habe eine Klasse von 230 Kindern unterrichtet, die alle unter einem Baum saßen, weil es keine Klassenzimmer gab«, sagte die malawische Lehrerin Esnart Chapomba. Oft teilten sich zehn Kinder ein einziges Schulbuch.
Besonders betroffen von der Lernkrise ist Sub-Sahara-Afrika, wo ein explodierendes Bevölkerungswachstum die Bildungspolitik behindert. In der Region besuchten 2011 rund 22 Prozent aller Kinder keine Schule. Viele von ihnen leben in Konfliktländern. »Am schlimmsten betroffen sind Mädchen und junge Frauen«, betonte der stellvertretende Unesco-Direktor Getachew Engida. »Dabei ist eine qualitativ hochwertige Ausbildung ein grundlegendes Menschenrecht.«
Fortschritte sind aber etwa in Äthiopien zu verzeichnen, wo es der Regierung gemeinsam mit ihren Entwicklungspartnern gelungen ist, die Zahl der Kinder, die keinen Zugang zu Schulbildung hatten, in den vergangenen 15 Jahren um drei Viertel zu senken. Auch Süd- und Westasien zeigen eine positive Entwicklung.
Damit alle Kinder weltweit eine abgeschlossene Grundschulbildung erhalten können, müssten von 2011 bis 2015 insgesamt 5,2 Millionen Lehrer eingestellt werden, so der »Education for all - Global Monitoring Report«. Aber das Gewerbe ist unbeliebt: In Ländern wie Zentralafrika, Liberia oder Guinea-Bissau verdienen Lehrer weniger als zehn Dollar pro Tage und müssen weitere Jobs annehmen, um ihre Familien ernähren zu können. Zudem wollen viele Lehrkräfte lieber in Städten als in abgelegenen, ländlichen Regionen arbeiten. Die Regierungen seien angehalten, mehr Anreize zu schaffen, damit der Beruf wieder interessant werde, fordert der Bericht.
Er wird seit 2002 jährlich von einem unabhängigen Team im Auftrag der Unesco (UN-Behörde für Bildung, Wissenschaft und Kultur) verfasst und liefert einen Zwischenstand zur Umsetzung des weltweiten Aktionsprogramms »Bildung für alle«.
164 Länder hatten sich im Jahr 2000 auf dem Weltbildungsforum in Dakar verpflichtet, bis 2015 sechs Bildungsziele zu erreichen: Ausbau der frühkindlichen Förderung, Grundschulbildung für alle Kinder, Absicherung der Lernbedürfnisse von Jugendlichen und Erwachsenen, Halbierung der Analphabetenrate unter Erwachsenen, Gleichberechtigung der Geschlechter und Verbesserung der Bildungsqualität. »Die Ergebnisse des Berichts sollten uns alle wütend machen«, sagte Amina Mohammed, die Sonderberaterin des UN-Generalsekretärs zur Entwicklungsplanung. »Vor uns liegt leider immer noch ein weiter Weg.« dpa/nd
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