Aus Vietnam in ein deutsches Seniorenheim
Auch Landkreise bauen Kontakte nach Asien aus
Traditionell gut sind die Kontakte vor allem in den ostdeutschen Bundesländern zu Vietnam. Bekanntlich arbeiteten zu DDR-Zeiten Tausende Vietnamesen hier, viele sind geblieben. Nicht zuletzt deshalb will der Landkreis Mittelsachsen die Kontakte wieder aufleben lassen, doch noch ist das Zukunftsmusik. Derweil sind die ersten vietnamesischen Pflegekräfte schon in Deutschland: 100 Krankenschwestern und -pfleger arbeiten seit September 2013 hier, die eine Hälfte im süddeutschen Raum, die andere in Niedersachsen und Berlin.
In Vietnam haben sie bereits eine abgeschlossene Fachhochschulausbildung in ihrem Beruf. An diese hängen sie in Deutschland noch einmal zwei Jahre dran, um später in der Altenpflege arbeiten zu können. »Das ist nötig, weil es Unterschiede gibt zwischen den Ländern«, erklärt Hans Stehling, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). So übernehmen in Vietnam traditionell die Angehörigen die Pflege ihrer älteren Familienmitglieder.
Die GIZ ist eine gemeinnützige GmbH, die im Auftrag Projekte realisiert. In diesem Fall agiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Auftraggeber und Finanzier, mit im Boot ist die Bundesagentur für Arbeit. Die Vietnamesen werden hier intensiv betreut, es gibt Ansprechpartner vor Ort für Probleme. Man will Erfahrungen sammeln, die Vietnamesen sollen Eindrücke gewinnen. Stehling: »Dass weitere Krankenschwestern- und pfleger hierherkommen, ist angesichts des Pflegemangels durchaus erwünscht. Die Erfahrungen fließen dann in deren Vorbereitung ein.«
In Vietnam dagegen sind viele Fachkräfte auf Jobsuche in diesem Bereich. Davon will auch der Landkreis Mittelsachsen profitieren. Die Kreisbehörden haben jetzt eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit der Provinz Thanh Hoa abgeschlossen und dort ein vietnamesisch-deutsches Verbindungsbüro eröffnet. Vor allem geht es um Technologietransfer, doch auch die Vermittlung von Arbeitskräften ist denkbar. Dazu Landrat Volker Uhlig: »Wir stehen erst am Anfang der Zusammenarbeit, erste Gedanken und Ideen sind ausgetauscht.« Das Thema Gesundheitswesen sei ein Punkt für die Zukunft und vielleicht in drei, vier Jahren aktuell.
Die Erfahrungen mit den vietnamesischen Pflegekräften sind laut Aussage des GIZ-Pressesprechers bisher gut: »Ich habe mit Leitern von Pflegeeinrichtungen gesprochen, die sehr darauf hoffen, dass die neuen Kollegen und Kolleginnen nach den zwei Jahren bleiben.«
Sie absolvieren derzeit die duale Ausbildung, das heißt abwechselnd Blockunterricht und Arbeit auf Station, und lernen auch weiter berufsbegleitend Deutsch. Bereits in Vietnam haben sie sich ein halbes Jahr intensiv mit der Sprache beschäftigt und eine Prüfung abgelegt.
Bleibt die Frage, warum die vietnamesische Regierung Interesse daran hat, Fachkräfte ins Ausland ziehen zu lassen. Zum einen finden sie in Vietnam schwer einen Job. Pressesprecher Stehling weiter: »Die Regierung hofft auch darauf, dass sie ihre Angehörigen zu Hause finanziell unterstützen.« Nicht zuletzt kehrt mancher von ihnen besser qualifiziert in seine Heimat zurück.
Es könnte also eine Zusammenarbeit zum beiderseitigen Vorteil sein. Auf eines legt die GIZ besonderen Wert: Die vietnamesischen Krankenpfleger und Krankenschwestern bekommen in Deutschland Tarifgehalt.
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