Renzis Kabinett findet Berlusconis Gnade

Italiens neuer Regierungschef stellt seine Ministerriege vor und findet damit Gefallen beim Ex-Premier

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Die neue italienische Regierung steht. Ministerpräsident Matteo Renzi und seine 16 Minister wurden am Wochenende vereidigt. Am Montag beginnt im Senat die Vertrauensdebatte.

Zumindest auf den ersten Blick sieht die Regierung von Matteo Renzi anders aus als ihre Vorgänger. Das Durchschnittsalter liegt bei 47 Jahren aber gleich vier Personen (Renzi ist eine davon) sind jünger als 40. Und dann der hohe Frauenanteil: Genau die Hälfte der Minister sind Frauen. Sie haben unter anderem die Verantwortung für Außenpolitik (Federica Mogherini), Verteidigung (Roberta Pinotti), Erziehung (Stefania Giannini), Gesundheit (Beatrice Lorenzin) und Wirtschaftsentwicklung (Federica Guidi). Der Älteste im Kabinett ist Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan (64), Chefökonom der IndustrielOECD und einst wirtschaftspolitischer Berater des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Massimo D‘Alema. Er - so heißt es allgemein in der Presse - ist der Garant der neuen Regierung in Europa, wo man seine Fachkenntnisse schätzt. Ebenfalls ein »alter Hase« ist Arbeitsminister Giuliano Poletti, lange Jahre Vorsitzender der Genossenschaftsbewegung.

Auf den zweiten Blick allerdings verliert die Regierung viel von ihrem Neuheitscharakter. Die Parteien, aus denen sie sich zusammensetzt, sind die gleichen wie beim letzten Mal. Innenminister bleibt Angelino Alfano von der Neuen Rechten Mitte und ihre vorherigen Ämter (Transport und Gesundheit) behalten auch seine Parteifreunde Maurizio Lupi und Beatrice Lorenzin. Viele MinisterInnen waren unter Letta bereits Staatssekretäre. Altbekannt ist auch der genaue Proporz zwischen den verschiedenen politischen Komponenten der Regierung. Wenn Renzi seine Unabhängigkeit von den Parteistrukturen beweisen wollte, so ist ihm das nicht gelungen. Er hat es auch nicht geschafft, als Justizminister Nicola Gratteri durchzusetzen, ein Staatsanwalt aus Süditalien, der die internationale Verbrecherorganisation Nrangheta bekämpft. Es heißt, dass der alte und neue Innenminister Angeleno Alfano ein Veto gegen diesen Mann eingelegt hat.

Ein besonderes Kapitel ist die neue Ministerin für Wirtschaftsentwicklung Federica Guidi. Ihr Vater war lange Zeit Vorsitzender des Industriellenverbandes Confindustria und sie selbst der Jungunternehmer. Auch wenn Frau Guidi sofort von all ihren Ämtern in den Familienunternehmen zurückgetreten ist, wird es für sie doch nicht leicht sein, den Interessenkonflikt zu vermeiden. Sowohl im Energiebereich wie auch bei umweltfreundlichen Fahrzeugen bestehen verschiedene Verbindungen zwischen der Ducati Energia (hier war die neue Ministerin jahrelang stellvertretende Geschäftsführerin) und dem italienischen Staat. Hinzu kommt eine lange Freundschaft zwischen der Familie Guidi und Silvio Berlusconi und auch die neue Ministerin war erst kürzlich in seiner Villa zu Gast. Da wundert es nicht, dass der vorbestrafte Berlusconi am Wochenende erklärte, er habe »eine Ministerin in der Regierung Renzi«.

In Italien wird viel über die enge Beziehung zwischen dem neuen Ministerpräsidenten und Berlusconi diskutiert und spekuliert. Nobelpreisträger Dario Fo findet diese Verbindung »ekelhaft« und fragt sich, warum nicht ein Aufschrei durch die Demokratische Partei gegangen ist, wo Renzi und Berlusconi das neue Wahlgesetz ausgearbeitet haben und sich beide immer wieder ihre gegenseitige Wertschätzung beteuern.

Am heutigen Montag beginnt im Senat die Vertrauensdebatte. Auf dem Papier verfügt die Regierung über eine Mehrheit von 165 Stimmen (161 sind notwendig) aber verschiedene Gruppen haben bereits ihre Zweifel angemeldet. In erster Linie der linke Flügel der demokratischen Partei um Pippo Civati, der erklärte, er wisse wirklich nicht, wie man dieser Regierung das Vertrauens aussprechen könne. Auch wenn Civati mehrmals gesagt hat, er wolle in der Demokratischen Partei bleiben, so ist es doch ein offenes Geheimnis, dass einige seiner engsten Vertrauten dabei sind, das Terrain für eine »Neue Linke Mitte« zu sondieren, eine Gruppe, die auch die Parlamentarier der linken SEL (Linke, Ökologie und Freiheit), sowie einige »Abtrünnige« der Grillo-Partei »Bewegung fünf Sterne« umfassen könnte.

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