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Wasser ist für Fische

Mit Jacky Pochon und Schneeschuhen im Schweizer Kanton Wallis unterwegs

Hoch oben über Champéry ist ein guter Startpunkt für die Skisafari über die Pisten von Portes du Soleil.
Hoch oben über Champéry ist ein guter Startpunkt für die Skisafari über die Pisten von Portes du Soleil.

Die Kinder haben keinen Blick für die tief verschneiten Berge hoch oben über dem kleinen Bergdorf Champoussin im südwestlichsten Zipfel des Schweizer Kantons Wallis. Bereits das Befestigen der Schneeschuhe - etwa einen halben Meter lange und geschätzte 20 Zentimeter breite Treter aus Plastik - scheint sie zu nerven. Zugegeben, es ist eine Kunst für sich. Fest sollten die Schneeschuhe schon an den Stiefeln »kleben«.

Die etwa einhundert Schüler sind damit erst einmal länger beschäftigt. Und die Aktion scheint ihnen auch die ersten Kräfte geraubt zu haben. Langsam schleichen sie bergauf, schon auf den ersten 500 Metern wird die Gruppe weit auseinandergerissen, trennen sich die fitten von den weniger trainierten und lustlosen. Bergluft sind sie jedenfalls nicht gewöhnt. Und schließlich ist Sport nicht jedermanns Sache. Sportlehrer Philippe schaut ob des Schneckentempos seiner Schützlinge dann doch etwas ratlos aus. Die allerdings, sonst im Tal zu Hause, sind auf »Zwangswanderschaft«.

Im Gegensatz zu unserer Gruppe. Die führt der Skilehrer und Bergführer Jacky Pochon nach oben. Unsere Schneeschuhe sind perfekt festgeschnallt. Wir merken recht schnell, warum unbedingt feste Bergstiefel nötig sind. Die ersten Schritte sind noch etwas unbeholfen, doch mit jedem Schritt geht es besser. Spikeähnliche Dinger an der Unterseite verhindern das Rutschen. Nach etwa einem Kilometer blieb Jacky stehen und fragt: »Sportlich oder Autobahn?« Der Schülergruppe bleibt die Frage erspart, sie läuft auf der Autobahn. Unsere Gruppe geht hier erst einmal getrennte Wege. Die »Autobahn« ist ein relativ breiter Weg, der natürlich auch stetig bergauf führt, aber etwas sanfter. Wie mag dann erst der sportliche Weg sein? Im Zickzack geht es voran. Langsam. Die tief verschneite Bergwelt um uns herum nehmen wir anfangs kaum wahr. Der durchtrainierte Jacky läuft voran, als hätte er im Leben nie etwas anderes gemacht, als mit Schneeschuhen in einem Wahnsinnstempo die Berge hochzustapfen. Jacky gibt den großen Schweiger, scheint die Tour auf seine stille Art zu genießen. An jedem Anstieg ist er vor uns oben, das gibt ihm Zeit für den Blick auf seine Berge. Er wirkt wie der letzte große Abenteurer, der ganz eins mit der Natur ist. Die ist schließlich sein Arbeitsplatz.

Der Rückweg führt über Champoussin. Dort, beim Mittagessen, wird der Mann mit dem von Wind und Wetter gegerbtem Gesicht gesprächig. Der drahtige 67-Jährige, geboren im Tal unterhalb von Champéry, erzählt mit leuchtenden Augen von seinen Reisen nach Südamerika. Peru, wo er auch oft als Bergführer arbeitet, scheint seine zweite Heimat zu sein. Obwohl er betont: »Meine Heimat ist die Welt und die Berge sind meine Arbeit.« Doch nach Champéry zieht es ihn immer wieder zurück - nach Hause. Jacky hat zwei Kinder. »Wir haben sie adoptiert. Meine Tochter ist jetzt 37, sie wurde in Korea geboren. Meinen Sohn, er ist 30, brachte ich als drei Monate altes Baby aus Peru mit. Er ist ein guter Bergsteiger und Skifahrer. Seine Brötchen verdient er aber als Übersetzer für Deutsch, Italienisch und Französisch. Derzeit lernt er Spanisch, seine eigentliche Muttersprache.«

Jacky kennt die Berge der Welt, reist regelmäßig nach Argentinien, Nepal, Tansania. »Ich liebe Abenteuer. Aber das wichtigste ist für mich: Die Leute sind froh mit mir. Und ich freue mich immer, wenn ich einen Gast gesund nach Hause bringe.«

Berge müssen sein. Von Wasser hält er nichts. »Das ist für Fische. Ich bleibe lieber am Boden im Schnee.« Einen großen Traum hat Jacky noch. Ölmalerei würde er gern lernen. Um Berge zu zeichnen, was sonst. Aber bevor es so weit ist, wird er sicher noch viele Menschen auf Skiern, Schneeschuhen oder mit Seil, Steigeisen und Karabinerhaken durch die Berge führen.

Oberhalb von Champéry wird es international. Die Gondelbahn bringt die Skiläufer nach oben. Ein Skivergnügen ohne Grenzen kann beginnen im »Portes du Soleil«. Das ist das größte länderverbindende Skigebiet der Welt. Und hier scheint wirklich fast immer die Sonne. Champéry ist mit elf schweizerischen und französischen Orten verbunden. 650 Pistenkilometer laden ein, sind mit einem einzigen Skipass zu nutzen. 385 Kilometer markierte Winterwanderwege führen durch eine ursprüngliche Berglandschaft.

Champéry ist der ideale Wintersportplatz. Es gibt fast keinen Wintersport, der hier nicht möglich ist. Wer Schneeschuhlaufen und Skifahren so gar nichts abgewinnen kann, ist auf der Loipe richtig. Zwei Kilometer von der Ortsmitte entfernt - ein Shuttlebus bringt die Läufer kostenlos hin - warten auf die Langläufer jeweils eine Sieben-Kilometer-Strecke klassisch und für Skater. Ein vier Kilometer langer Abschnitt ist abends bis 21.30 Uhr beleuchtet.

Champéry ist auch eine Goldgrube, zumindest eine olympische. Auf den modernen Anlagen des »European Curling Centers« des einheimischen Curling-Klubs, holte sich die kanadische Männermannschaft den letzten Feinschliff für die Spiele in Sotschi und verteidigte dort ihre Olympiasiege von 2010 im heimischen Vancouver und 2006 in Turin. Die Anlage ist natürlich auch für Freizeitsportler geöffnet.

In Champéry übrigens wohnt es sich gut bei Sophie und Philippe Zurkirchen. Das junge Paar betreibt hier das Hotel »Beau-Séjour« und wurde vor kurzem zum freundlichsten Hotel der Schweiz in der Kategorie »kleine Hotels bis 40 Zimmer« gekürt.

Infos:

Schweiz Tourismus:
Tel.: (00800) 100 200 30 (kostenfrei)
E-Mail: info@myswitzerland.com
Internet: www.MySwitzerland.com

Wallis Tourismus:
Tel.: (0041) 27 327 35 90
E-Mail: info@valais.ch
Internet: www.wallis.ch

Champerý:
Tel.: (0041) 24 479 05 57
E-Mail: info@champery.ch
www.champery.ch

Touren mit Jacky Pochon:
Tel.: (0041) 79 637 70 37
www.guides-champery.ch

Übernachten in Champéry:
Hotel Beau-Séjour
Tel.: (0041) 24 479 58 58
info@beausejour.ch
www.beausejour.ch

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