Hoffnung im Paradies
Folge 29 der nd-Serie »Ostkurve«: Jena plant ein neues Stadion für den FC Carl Zeiss
Seit über 100 Jahren bestimmt Jena den Weltfußball. Am 1. Januar 1896 wurden die »Jenaer Regeln« erlassen, sie sind mit die ältesten der Welt und noch immer unerlässlicher Bestandteil beim International Football Association Board, den Hütern des FIFA-Regelwerks. Denn, so heißt es im wohl bekanntesten Abschnitt der »Bestimmungen des Fußballvereins zu Jena«: »Das Spielfeld soll von Bäumen und Sträuchern frei, möglichst eben und mit niedrigem Gras bewachsen sein.«
So elementar und zugleich einfach diese Regeln sind, am Ursprungsort, den Jenaer Oberauen, lassen gerade sie die Verantwortlichen verzweifeln. Natürlich spielt der Regionalligist FC Carl Zeiss auf ebenem Grün. Und auch wenn es die 1:2-Niederlage am vergangenen Sonntag gegen den kleinen thüringischen Kontrahenten Wacker Nordhausen vermuten lassen könnte, es hindert die Jenaer Fußballer in ihrem Ernst-Abbe-Sportfeld kein Baum am Torschießen. Aber die Frage, wo der FC Carl Zeiss in Zukunft spielen soll, spaltet Thüringen, die Stadt und den Verein.
Nur eins ist sicher: »Eine moderne Arena ist die Grundlage für den sportlichen Erfolg.« Der Meinung von Vereinspräsident Rainer Zipfel will niemand widersprechen. Derzeit hat der FC Carl Zeiss aber nichts von beidem. Seit dem zweiten Abstieg in die Viertklassigkeit 2012 hängt der dreifache DDR-Meister in der Regionalliga fest. Auch in diesem Jahr ist der angestrebte Aufstieg nicht mehr zu erreichen - Tabellenführer TSG Neustrelitz hat schon zwölf Punkte mehr gesammelt. Diskutiert wird in Jena wieder einmal über den Trainer. Dabei ist Andreas Zimmermann nach der Entlassung von Petrik Sander Ende August 2013 bereits der zweite Coach in dieser Saison.
Nicht alle, aber viele schauen beim FC Carl Zeiss seit Mitte Dezember wieder ein wenig hoffnungsvoller in die Zukunft. Mit über 80 Prozent gab auf der Mitgliederversammlung eine große Mehrheit den Weg für den Einstieg von Roland Duchatelet frei. Der belgische Investor erwirbt somit für zwei Millionen Euro 49 Prozent der Geschäftsanteile der Jenaer Fußball-Spielbetriebs-GmbH. Seitdem ist es im Stadion etwas ruhiger. Ein traditionsbewusster Teil aus der Fankurve um die Ultragruppierung »Horda Azzuro« protestiert schweigend gegen den Verkauf. Sollte Duchatelets Plan aufgehen, sollte auch die Skepsis verflogen sein. »Ich will helfen, dass aus dem weißen Fleck Thüringen auf der Bundesliga-Landkarte ein blau-gelb-weißer wird«, versprach er. Mindestens weitere vier Millionen Euro in den kommenden vier Jahren sollen zumindest den Aufstieg in die 2. Bundesliga bringen, aus der Jena 2008 nach insgesamt sechs Jahren abgestiegen war.
Wenn alles gut geht, spielt der FC Carl Zeiss dann auch in einem neuen Stadion. »Daran glaube ich erst, wenn auch wirklich gebaut wird«, sagt Stefan Treitl. Die Skepsis des Präsidiumsmitglieds des FC Carl Zeiss teilen nicht wenige. Und das nicht ganz unberechtigt. Der Jenaer Stadtrat hat zwar Ende Februar den Umbau des Ernst-Abbe-Sportfeldes in eine reine Fußballarena beschlossen, die 2018 mit 17 000 Sitzplätzen fertiggestellt werden soll. Aber letztlich ist dies nur eine Absichtserklärung, wie auch der letzte Beschluss aus dem Jahr 2009. Umgesetzt wurde dieser nicht.
Wird es nun eine Multifunktionsarena wie in Erfurt? Beim FC Rot-Weiß war man schneller, die zuständige EU-Kommission hat die Förderung durch Bund und Land in Höhe von 29 Millionen Euro schon freigegeben. In Jena stehen weder Konzept noch Finanzierung. Die Kosten schon: Das gesamte Projekt - die Leichtathleten erhalten eine neue Anlage, da die blaue Laufbahn wegfällt - soll sich auf 38 Millionen Euro belaufen. Die Stadträte hatten an ihr Votum eine »substanzielle Förderung« des Landes und einen Eigenanteil des FC Carl Zeiss geknüpft. Zuschüsse aus Fördertöpfen können erst in Anspruch genommen oder neu beantragt werden, wenn das Konzept komplett vorliegt. Darüber wird aber weiterhin gestritten.
Zumindest die Pläne eines Stadionneubaus in Jena Lobeda scheinen vom Tisch. »Das Engagement der Fans war ein sehr wichtiger Beitrag«, lobt Stefan Treitl. Der Verein »Unser Stadion Jena« hatte sich erfolgreich für den Verbleib an der traditionsreichen Stätte stark gemacht. Denn das Ernst-Abbe-Sportfeld liegt in der Wiege des Jenaer Fußballs - in den Oberauen.
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