Ein bestimmter Richter

Rupert Heindl ist Richter im Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen Uli Hoeneß

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Fotografieren lassen wollte er sich vor seinem bisher größten Prozess nicht, Interviews lehnte er ab. Und in seinen Prozessen am Landgericht II in München verhandelt Richter Rupert Heindl fast immer unbeobachtet von der Öffentlichkeit. Wirtschaftsstrafsachen, Prozesse nur für Experten. Nicht jedoch in den vier angesetzten Prozesstagen, an denen der Angeklagte Uli Hoeneß heißt.

Wie Hoeneß gilt auch Heindl, der seit November 2011 Vorsitzender Richter der fünften Strafkammer am Landgericht München II ist, als Freund klarer Worte. Sein Markenzeichen, die weiße Fliege, sowie seine Höflichkeit ändern nichts an der Gründlichkeit und Bestimmtheit, mit der Heindl sein Richteramt versieht: »Diese Kammer macht keine Deals.« Die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, komplexe Fälle und Sachverhalte durch Absprachen zwischen Anklage und Verteidigung über ein Urteil abzukürzen, lehnt er ab. Auch weil sie voller Fallstricke ist: Drei Urteile der Wirtschaftsstrafkammer wurden nach Revisionen durch den Bundesgerichtshof aufgehoben - wegen unerlaubter Absprachen. Und egal, wie das Urteil gegen Hoeneß, der am Montag »reinen Tisch« machen wollte und Steuerhinterziehung in weit höherem Maß als bisher bekannt zugab, ausfällt: Von einer Revision ist nach dem für Donnerstag erwarteten Urteil auszugehen.

Die größte Aufgabe für Heindl liegt darin, in einem der meistbeachteten Steuerprozesse der letzten Jahre ein revisionsfestes Urteil zu fällen, das auch vor dem Bundesgerichtshof standhält. Das wäre für Heindl, der noch viele Jahre als Richter vor sich hat, ein deutlicher Karriereschub. Und so fragt er immer wieder detailliert nach, vor allem zu Hoeneß’ Devisen- und Spekulationsgeschäften. Die Kernfrage, über die der 47-jährige Richter und seine Strafkammer zu entscheiden haben, bleibt aber, ob die Selbstanzeige von Hoeneß Anfang 2013 ganz oder teilweise strafbefreiend wirkt. Heindl wird entscheiden, freundlich im Ton, bestimmt in der Sache.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.