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Einsame Handwerksmeister

Bayerische Berufsanfänger gehen lieber in die Industrie

  • Lesedauer: 3 Min.
Bäcker oder Klempner ist bei Schulabgängern derzeit nicht angesagt, so auch in Deutschlands Süden. Im bayerischen Handwerk blieben im vergangenen Jahr gut 4200 Ausbildungsplätze unbesetzt.

München. »Morgens um 6 Uhr in der Backstube stehen, das wollen die meisten nicht«, klagt Bäckermeister Michael Moser. Für den 45-Jährigen beginnt der Arbeitstag schon um 1 Uhr nachts. Seit Jahren sucht er für seine Bäckerei im niederbayerischen Bad Füssing immer wieder händeringend Auszubildende. Doch auf Inserate in den Zeitungen erhält er oft noch nicht mal eine Anfrage. Bei vielen jungen Leuten habe das Handwerk ein total schlechtes Image. »Ich sehe das bei meiner Tochter. Bei ihr in der Klasse auf der Realschule haben gerade 4 von 25 eine Lehrstelle. Der Rest will studieren oder eine Weiterbildung machen.« Auch die Sanitär- und Heizungsfirma Hessel und Sohn in der Autostadt Stuttgart-Zuffenhausen findet kaum Lehrlinge. »Unter den Bewerbern sind viel zu viele mit zu geringer Qualifikation. Wer wenig mathematisches und technisches Wissen mitbringt und dann noch einen Hauptschulabschluss von 3,4 vorweist, der eignet sich für uns nicht«, klagt Andrea Hessel. Den meisten sei die Arbeit zudem zu dreckig und körperlich zu anstrengend. Da wolle keiner auf den Knien irgendwelche Leitungen legen. Das kleine Familienunternehmen mit seinen gut 30 Mitarbeitern habe außerdem große Konkurrenz vor Ort. »Viele junge Leute fangen lieber bei Porsche oder bei Daimler an.«

Mit großer Sorge betrachtet der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) die Entwicklung. Allein im vergangenen Jahr seien bundesweit rund 15 000 Lehrstellen unbesetzt geblieben. Seit 2009 habe das Handwerk immer mehr Schwierigkeiten, Nachwuchs zu finden. Als Ursache dafür sieht Alexander Legowski die demografische Entwicklung und den zunehmenden Trend zum Abitur und Studium. »Wir verlieren unsere leistungsstarken Jugendlichen ans Gymnasium.«

Heizungs- und Sanitärklempner oder Gebäude- und Kältetechniker will kaum einer werden. Problem sei zudem oft die fehlende Qualifikation der Bewerber, sagt Verbandssprecher Legowski. Besonders gravierend sei die Situation in den süddeutschen Ballungsgebieten sowie im Osten. In Städten wie Augsburg, Stuttgart oder München hätten es Handwerksbetriebe zusätzlich schwer, Berufsanfänger zu gewinnen, weil die lieber in die Industrie gingen.

In Ostdeutschland ist eher die demografische Entwicklung das Problem. »Hier ist die Zahl der Schulabgänger in den letzten zehn Jahren total eingebrochen«, berichtet Legowski. Im bayerischen Handwerk blieben im vergangenen Jahr gut 4200 Ausbildungsplätze unbesetzt. Besonders stark sei das Bäckerhandwerk und der Bau betroffen. »Die Azubis, die wir heute nicht finden, sind die Fachkräfte, die uns morgen fehlen«, warnt Rudolf Baier vom Bayerischen Handwerkstag. Der Nachwuchsmangel ist auch Thema auf der diesjährigen Internationalen Handwerksmesse in München, die noch bis zum 18. März läuft. Das Handwerk will künftig noch mehr für sich werben. »Wir streben auch an den Gymnasien Berufsbildungstage an«, sagt Legowski. Dabei solle auf die Verdienstmöglichkeiten hingewiesen werden. Ein Meisterbrief sei mit einem Bachelorabschluss durchaus vergleichbar. dpa/nd

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