Sachsens Linke: Gebhardt mit 70,5 Prozent auf Platz 1

Chefin der Dresdner Tafel scheitert klar / Debatte um Neuhaus-Wartenberg: »Wer Hitze nicht verträgt, soll nicht in der Küche arbeiten«

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Als in der Alten Wollkämmerei von Leipzig die erste Abstimmung erledigt war, zeigte die digitale Uhr, die Rico Gebhardt überreicht bekam, 148 Tage, sechs Stunden und 16 Minuten. Da war der Landeschef der LINKEN in Sachsen eben zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Landtagswahl im Freistaat gekürt worden. 134 und damit 70,5 Prozent der Delegierten setzten ihn auf Listenplatz 1 – ein für sächsische Verhältnisse ansprechendes Ergebnis. Dank des technischen Hilfsmittels weiß der 50-Jährige präzise, wie viel Zeit bis zum Wahlabend am 31. August und zur Erfüllung eines anspruchsvollen Ziels bleibt: »So viele Tage«, sagte LINKE-Bundeschefin Katja Kipping, »sind es noch bis zum Wechsel in Sachsen.«

Die Genossen in Sachsen streben in Regierungsverantwortung; man wolle »den Wettbewerb suchen mit der CDU und dabei die besseren Vorschläge machen«, sagt Gebhardt. An diesem Wochenende gilt es zunächst, das entsprechende Personal auszuwählen – eine zeitintensive Angelegenheit. Nach der Kür des Spitzenkandidaten verstrichen fast fünf Stunden, bis über einen Listenvorschlag mit 20 Namen entschieden war. Er war in einem komplexen Verfahren in den Gremien der Partei erarbeitet worden und versuchte die Quadratur des Kreises: Er sollte regional ausgewogen sein; zudem mussten genügend Frauen, junge Kandidaten und Parlamentsneulinge vertreten sein.

Am Ende wurde die Liste, auf der hinter dem Frontmann die Abgeordneten Annekatrin Klepsch, Jana Pinka und Klaus Bartl folgen, fast unverändert bestätigt. Edith Franke, die Chefin der Dresdner Tafel, scheiterte klar mit dem Versuch, auf die Liste gesetzt zu werden. Volker Külow, der zunächst nicht berücksichtigte Chef des großen Leipziger Stadtverbandes, kritisierte das Aufgebot zwar als »aus unserer Sicht nicht regional ausgewogen«, verzichtete aber auf eine Machtprobe und kündigte eine Kandidatur jenseits von Listenplatz 20 an. In der Partei geht man davon aus, dass zwischen 28 und 32 Mandate errungen werden können. Derzeit stellt die LINKE, die 2009 auf 20,6 Prozent der Stimmen kam, 29 Abgeordnete im Landtag. Zwei Mandate in Leipzig und Chemnitz wurden direkt errungen. Wegen neu zugeschnittener Wahlkreise gilt die Wiederholung dieses Erfolgs als ungewiss. Zugleich wird damit gerechnet, dass mehr Ausgleichs- und Überhangmandate vergeben werden.

Bestätigt wurde von den knapp 200 Delegierten auch eine Personalie, die vorab für viel Wirbel gesorgt hatte. Für seine Kernmannschaft hatte Gebhardt als Wirtschaftsexpertin die Leipzigerin Luise Neuhaus-Wartenberg nominiert, die als Prokuristin im Unternehmen ihrer Familie arbeitet. Der 33-Jährigen war ungewöhnlich heftiger Widerstand entgegen geschlagen; noch zwei Tage vor der Listenaufstellung hatte der Meißner Abgeordnete und Gewerkschafter Heinz Hofmann den Landeschef ultimativ aufgefordert, die Nominierung zurückzuziehen. Er verwies auf angebliche Missstände in der Firma.

Gebhardt wies die, wie er sagte, Erpressung zurück und erklärte, er halte es für »ungewöhnlich, dass man so im Dreck wühlt«. Neuhaus-Wartenberg sagte, sie kandidiere »im Wissen darum, dass ich Gegenstand erheblicher Anfeindungen bin«. Sie fügte hinzu: »Wer Hitze nicht verträgt, soll nicht in der Küche arbeiten.« In der Abstimmung rutschte sie von Listenplatz 5 auf 11, wurde aber mit 52,4 Prozent als Kandidatin bestätigt. Welche Bewerber auf den weiteren als chancenreich geltenden Listenplätzen folgen, entscheidet die Versammlung bis Sonntagmittag.

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