Liebich: Das Beste, was eine Armee tun kann
Gehrcke: Es gibt Vernünftigeres, was die Bundeswehr tun kann / Umstrittenes Mandat zur Absicherung der Vernichtung von Chemiewaffen im Bundestag / Partei debattiert: Friedenspolitische Grundsätze oder abrüstungspolitische Glaubwürdigkeit?
Berlin. Der Bundestag entscheidet am Mittwoch über die Beteiligung der Bundeswehr an der Vernichtung syrischer Chemiewaffen. Die Bundesregierung will eine Fregatte mit bis zu 300 Soldaten zum militärischen Schutz der Aktion ins Mittelmeer schicken. Eine breite Zustimmung von Grünen über die SPD bis zur Union ist sicher. In der Linksfraktion ist der Einsatz umstritten. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob ein Ja zu einem Bundeswehrmandat im Ausland, das einer Aktion zur Vernichtung von Chemiewaffen dient, gegen die friedenspolitischen Grundsätze der Partei verstößt oder gerade im Gegenteil im Sinne der abrüstungspolitischen Glaubwürdigkeit der Linken wäre. Linksfraktionschef Gregor Gysi hatte versucht, die Fraktion auf eine einheitliche Enthaltung festzulegen - dies misslang. Erstmals wollen nun auch einzelne Abgeordnete der Linkspartei für eine Bundeswehrmission im Ausland stimmen.
Der Obmann der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestag, Stefan Liebich, erklärte unmittelbar vor der Plenarsitzung, er meine, »dass der Schutz der Zerstörung von Massenvernichtungswaffen das Beste ist, was eine Armee tun kann«. Er werde daher dem Mandat zustimmen. Der Linken-Abgeordnete Wolfgang Gehrcke, der wegen einer Moskau-Reise nicht an der Abstimmung teilnehmen kann, erklärte, er hätte mit Nein gestimmt. »Für mich geht Abrüstung und Friedenspolitik zusammen und nicht gegeneinander«, so Gehrcke. Es gebe »genügend Vernünftiges, was Deutschland tun kann; Besseres, als ein Kriegsschiff zu entsenden«.
Derweil haben die AG Friedensforschung und der Bundesausschuss Friedensratschlag der Linksfraktion geraten, »mit Sachkunde und einem strategischen Blick nach vorn« auf den »politischen und medialen Druck« zu antworten, der auf der Linken laste. Es sei kein plausibler Grund erkennbar, den zwischen Syrien und den Vereinten Nationen bzw. der OPCW ausgehandelten Abzug des gesamten syrischen Chemiewaffenarsenals und dessen Vernichtung mit einer militärischen Komponente von Seiten der Bundesrepublik Deutschland zu begleiten, heißt es in einer Stellungnahme von Lühr Henken, Werner Ruf und Peter Strutynski.
Die drei Autoren verweisen auf ein »politisches Ziel« der Bundesregierung, das mit dem Mandat verfolgt werde - es gehe darum, militärische Einsätze im Ausland auf eine breitest mögliche parlamentarische Basis zu stellen und zugleich einen Präzedenzfall zu schaffen, um die bisherige strikte Ablehnung solcher Einsätze durch die Linksfraktion »aufzuweichen«. Sollte dies gelingen, würde das nach Meinung der Autoren sowohl in den Reihen der Friedensforschung als auch der Friedensbewegung »Irritationen« auslösen.
Dagegen hatte unter anderem der Außenpolitiker Stefan Liebich dafür plädiert, zu »unterscheiden, um was für einen Auslandseinsatz es sich handelt. Es ist ein Unterschied, ob die Bundeswehr in einen Krieg wie in Afghanistan geschickt wird, oder ob die Bundeswehr an der Vernichtung von Massenvernichtungswaffen teilnimmt. Das würde ich schon gerne im Einzelfall beurteilen, und genau darum geht die Diskussion.« Auch der frühere verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer, hatte in einem Brief für eine Zustimmung der Linken zu dem Einsatz geworben. Agenturen/nd
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