Geeint durch Tsipras
Italiens linke Parteien und außerparlamentarische Gruppen treten gemeinsam für ein »anderes Europa« an
»Heute gibt es eine gute Nachricht auf der manchmal beängstigenden politischen Bühne in Italien und in Europa. Es gibt eine Alternative und die heißt ›Das andere Europa mit Alexis Tsipras‹«. Das erklärte kürzlich Nichi Vendola, Vorsitzender der italienischen Linkspartei SEL (Linke, Ökologie und Freiheit) und Präsident der süditalienischen Region Apulien. Zugleich leitete er die Kampagne ein, mit der man in ganz Italien die 150 000 Unterschriften sammeln wollte, die notwendig sind, um an der Europawahl teilnehmen zu können.
Die Liste wird von der Rifondazione Comunista (Kommunistische Neugründung) unterstützt. Auch Paolo Ferrero, Vorsitzender der Partei, unterstreicht, wie Alexis Tsipras in der italienischen Linken neue Hoffnung schürt, »endlich die Sparpolitik zu überwinden, die nur den Spekulanten hilft, und endlich die Bedürfnisse der Bürger in den Mittelpunkt zu stellen«. Man sei nicht gegen Europa, sondern wolle »ein anderes Europa«, so Ferrero.
Für Italien ist diese neue Gruppe, die sich um den Vorsitzenden der griechischen Linkspartei SYRIZA gebildet hat, ein weiterer Versuch, die Personen und Organisationen, die es links von der sozialdemokratischen Demokratischen Partei (PD) gibt, zu sammeln. Das hat man in den letzten Jahren immer wieder versucht, allerdings ohne wirklichen Erfolg. Bei der Parlamentswahl vor einem Jahr hat nur die SEL den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde geschafft - aber auch nur, weil es ein Wahlbündnis mit der PD gab. Jenes wurde allerdings wieder aufgelöst, nachdem die Sozialdemokraten beschlossen hatten, eine große Koalition mit der Rechten zu bilden. Der neue Hoffnungsträger Antonio Ingroia (Anti-Mafia-Staatsanwalt) mit seiner Partei »Rivoluzione Civile« (Zivile Revolution), in die auch »Rifondazione Comunista« einfloss, schaffte es damals nur auf 2,23 Prozent und stieg aus der Politik aus.
Auf dem Papier hat »Das andere Europa« auch in Italien gute Chancen, Abgeordnete ins Europaparlament, in dem Italien 73 Mandate zustehen, zu entsenden. Ersten Umfragen zufolge könnten zwischen sechs und sieben Prozent der Wahlberechtigten für die linke Partei stimmen. Die Listen werden von einigen der führenden Intellektuellen des Landes angeführt, die allesamt von dem jungen Tsipras begeistert sind, mit dem SYRIZA letztes Jahr 26,9 Prozent der Stimmen holte. Im Dezember wählte ihn dann auch die Europäische Linke zu ihrem Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Zu seinen ersten Unterstützern gehörten in Italien der Schriftsteller Andrea Camilleri, die Journalisten Paolo Flores d’Arcais und Barbara Spinelli (Tochter des »Vaters von Europa« Altriero Spinelli), die Soziologen Luciano Gallino und Marco Revelli und der Ökonom Guido Viale. Diese Persönlichkeiten, die alle parteilos sind, haben den ersten Appell für die Liste unterzeichnet.
Allerdings gab es im letzten Monat schon die erste Spaltung. Camilleri und Flores d’Arcais fühlten sich bei der Ausarbeitung der Kandidatenlisten übergangen und zogen sich zurück. Weitere Probleme gab es zwischen einigen Vertretern der SEL und der pazifistischen Bewegung wie auch mit dem Globalisierungskritiker Luca Casarini oder - allgemeiner gesagt - zwischen mehr oder weniger radikalen Strömungen.
Als noch diffiziler galt die Hürde der 150 000 Unterschriften, die jede Partei bis zum 16. April vorlegen muss, wenn sie an der Wahl Ende Mai teilnehmen will, ohne im nationalen Parlament vertreten zu sein. Deshalb hatte Barbara Spinelli, die als Spitzenkandidatin antreten soll, einen offenen Brief an Kammerpräsidentin Laura Boldrini geschrieben und sie »im Namen der Demokratie« gebeten, sich dafür einzusetzen, dass dieses Gesetz geändert wird. Die Unterschriften sind inzwischen aber bereits gesammelt und die Liste offiziell angemeldet.
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