Die Drohungen der Geldeintreiber
Inkassobüros und falsche Rechtsanwälte
»Geldeintreiber gesucht? Wir schreiben keine Briefe. Wir holen Geld direkt vor Ort.« Wer so wirbt, führt vermutlich nichts Gutes im Schilde. Oft geht es nur um Klecker-Beträge: 2,99 Euro für eine Klubmitgliedschaft, 1,50 Euro für eine angebliche Portokostenerstattung ... Egal, ob berechtigt oder nicht, wer nicht zahlt, den erwartet oft eine böse Überraschung.
Vorsicht! Die Methoden von Inkasso-Unternehmen und dubiosen Rechtsanwälten sind oft rabiat - und im Kleingedruckten versteckt. Wenn überhaupt. So liegen die Mahngebühren in solchen Minifällen schnell bei 50 Euro oder mehr. Gespickt sind die Schreiben der Inkassobüros mit Drohungen. Die reichen vom überraschenden Hausbesuch über einen Eintrag bei der Kreditauskunftei Schufa bis zur Pfändung von Einrichtungsgegenständen. Wer derlei Forderung für falsch hält, kann sich erfolgreich wehren.
Entwicklung mit »Tradition«
Seit den 50er Jahren nehmen sich in der Bundesrepublik Inkasso-Firmen »zahlungsgestörter Forderungen« von Unternehmen an. Allein dem Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) in Berlin, der Nummer eins der Branche, gehören heute 560 Firmen an. Diese vertreten die Interessen von mehr als 500 000 Gläubigern aus allen Wirtschaftsbereichen. Laut Verband sind die Geldeintreiber in vier von fünf Fällen erfolgreich und treiben so pro Jahr rund 5 Milliarden Euro bei säumigen Schuldnern ein.
Verbraucherzentralen warnen
Oft sind Inkassobüros und Rechtsanwälte alles andere als seriös. Die Absender nennen sich etwa »Rechtsanwaltskanzlei Steinhauer« oder »Rechtsanwaltskanzlei Lepère«. Vertrauen erwecken soll auch der Name »Zentral Inkasso« oder »ZFM Zentral Forderung Management«. Sie wollen von meist ahnungslosen Bürgern zweifelhafte Forderungen aus Gewinnspielen eintreiben. Beträge von 100 bis 300 Euro sollen auf ein (privates) Konto in Deutschland oder Bulgarien überwiesen werden. Auch andere Inkassobüros haben sich auf die Masche verlegt, willkürlich Schreiben zu verschicken und auf Dumme oder Faule zu hoffen, die brav zahlen. Das ist zwar illegal, funktioniert aber leider häufig sehr gut. Nach einiger Zeit wechseln die »Firmen« Name und Adresse. Rückforderungen der Geprellten verpuffen im leeren Raum.
»Wer sich gegen die Forderung wehren will, hat Probleme, die entsprechenden Büros zu erreichen«, weiß Christian Gollner, Rechtsreferent der Verbraucherzentrale in Mainz. »Die in den Briefen genannten Straßennamen sind frei erfunden. Post kommt als unzustellbar zurück.« Über die angegebenen Telefon- und Faxnummern ist niemand zu erreichen; Anwälte und Inkasso-Unternehmen tauchen in amtlichen Verzeichnissen gar nicht auf.
Dabei erscheinen diese Forderungsschreiben zumindest auf den ersten Blick durchaus als achtbar. Verbraucherschützer raten, solche Schreiben sowie die angeblichen Forderungen zunächst sehr kritisch zu prüfen. Betroffene können sich im Internet in den amtlichen Rechtsanwalts- und Inkasso-Verzeichnissen informieren, ob die Absender glaubwürdig sind. Alle in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte sind in der Datenbank der Bundesrechtsanwaltskammer unter der Adresse www.rechtsanwaltsregister.org zu finden. Unter www. rechtsdienstleistungsregister.de sind im Auftrag des Bundes und der Länder zugelassene Inkasso-Unternehmen verzeichnet.
Nicht klein beigeben
Selbst wenn das Inkasso-Unternehmen seriös erscheint, sollten Sie nicht in jedem Fall klein beigeben. »Nur Rechnungen aus wirksam geschlossenen Verträgen müssen bezahlt werden«, sagt Gollner. Gibt es keinen solchen Vertrag, sollten Sie die Zahlung verweigern. Experten raten, unberechtigten Forderungen möglichst per Fax oder Brief zu widersprechen. Einen Musterbrief gibt es bei den örtlichen Beratungsstellen und Stützpunkten der Verbraucherzentralen sowie im Internet unter www.vz-rlp.de/ musterbrief-inkasso.
Wer einen Betrug vermutet, kann diesen bei der Polizei anzeigen. Die kümmert sich dann um Geldeintreiber, die falsche Briefe schreiben.
Hermannus Pfeiffer
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