Miitig soll’s machen
Nach Chaos-Wahl neuer Regierungschef in Libyen
Tripolis. Miitig sei zum Chef der Übergangsregierung ernannt worden, erklärte Libyens Parlamentspräsident Nuri Abu Sahmein am Montag. Er müsse dem Parlament nun innerhalb von 15 Tagen sein Kabinett präsentieren. Am Sonntag hatte ein Stellvertreter Sahmeins die Rechtmäßigkeit der Wahl wegen einer umstrittenen Stimmenauszählung angezweifelt.
Der Abgeordnete Tahar al-Mokni bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, dass die Erklärung von Sahmein unterzeichnet worden sei. Der umstrittene Parlamentspräsident ist seit Wochen nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Kürzlich hieß es aus dem Parlament, Sahmein lasse sich im Ausland behandeln. Mehrere Abgeordnete fordern seinen Rücktritt. Dem Parlamentspräsidenten wird sittenwidriges Verhalten vorgeworfen.
Der 42-jährige Miitig ist der fünfte Regierungschef Libyens seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011. Mehrere Parlamentarier halten die Wahl allerdings für unrechtmäßig. Nach der chaotisch verlaufenen Abstimmung in der Volksvertretung hatte Parlaments-Vizepräsident Essedin al-Awami die Ernennung Miitigs am Sonntag für »null und nichtig« erklärt. Der von Islamisten unterstützte Politiker habe lediglich 113 statt der 120 benötigten Stimmen erhalten, so Awami in Protestbriefen an Regierung und Abgeordnete.
Einige Abgeordnete hatten jedoch eine Fortsetzung der Sitzung in Tripolis gefordert, um ihre Kollegen doch noch von dem Kandidaten überzeugen und auf mehrere abwesende Parlamentarier warten zu können. Der ebenfalls als Parlaments-Vizepräsident fungierende Salah al-Machsum erklärte schließlich, Miitig habe laut einer zweiten Auszählung 121 Stimmen erhalten. Wenige Minuten später wurde der Unternehmer in Abwesenheit Awamis vereidigt. Daraufhin protestierten einige Abgeordnete, das vorherige Resultat sei bereits für gültig erklärt und die Sitzung geschlossen worden.
Das Parlament hatte schon am vorigen Dienstag versucht, einen neuen Regierungschef zu wählen. Die Stichwahl zwischen Miitig und dem Hochschullehrer Omar al-Hassi musste jedoch abgebrochen werden, nachdem Bewaffnete ins Parlament eingedrungen waren.
Übergangsregierungschef Abdullah al-Thani hatte Mitte April seinen Rücktritt erklärt und dies mit einem bewaffneten Angriff auf sich und seine Familie begründet. Sein Vorgänger Ali Seidan war im März nach anhaltender Kritik an der Sicherheitslage vom Parlament abgesetzt worden. Seit der Entmachtung Gaddafis im Herbst 2011 kämpft Libyen mit Abspaltungstendenzen im Osten sowie mit ehemaligen Rebellengruppen, die sich weigern, ihre Waffen niederzulegen. AFP/nd
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