Frankreich findet den Euro zu teuer

Paris fordert Mitspracherecht bei der Wechselkurspolitik der Gemeinschaftswährung

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Frankreichs Wirtschaft schwächelt. Paris hofft deswegen auf eine mehr am Wachstum orientierte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Seit Monaten verfolgt Frankreich mit wachsender Sorge den Kurs des Euro. Mit fast 1,40 US-Dollar strebt er auf einen neuen Rekord zu. Der »starke« Euro schwächt die französischen Exportchancen und damit die Aussichten für einen Wirtschaftsaufschwung, während gleichzeitig der Druck aus Brüssel zunimmt, die Staatsausgaben radikal zusammenzustreichen, um unter die Defizitmarke von drei Prozent zurückzukehren. Zu dieser Verpflichtung bekennt sich die Regierung und sie will sie schon im Jahr 2015 einhalten, auch wenn das mit großen Anstrengungen verbunden ist.

Im Gegenzug fordert die französische Regierung von der Europäischen Zentralbank (EZB), den Euro abzuwerten. Paris strebt ein schnellstmögliches Treffen mit den europäischen Partnerländern zu diesem Thema an. Eine neue »unkonventionelle« Geldpolitik müsse her, die nicht restriktiv ist wie bisher, sondern sich eher am Modell der Zentralbanken der USA, Großbritanniens und Japans orientiert. Frankreich respektiert die Unabhängigkeit der EZB, ist aber der Überzeugung, dass die Festsetzung des Wechselkurses eine in höchstem Maße politische Entscheidung ist und dem Europäischen Rat zukommt.

Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg schätzt die Bilanz der EU-Kommission in Sachen Wirtschaftsaufschwung »ultra-negativ« ein. Er fordert deswegen aktive Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur, nicht zuletzt durch eine entsprechende Zinspolitik der EZB.

Um Brüssel gegenüber aktiv auftreten zu können, will Montebourg einen »Rat für Wachstum und Vollbeschäftigung« installieren, der von dem Wirtschaftsexperten Jean-Paul Fitoussi geleitet wird und in dem auch der Deutsche Peter Bofinger und der US-amerikanische Nobelpreisträger Joseph Stiglitz mitarbeiten werden.

Der Ökonomieprofessor Etienne Balibar von der Universität Paris-Nanterre ist davon überzeugt, dass die durch Brüssel diktierte rigide Sparpolitik der Grund der aktuellen wirtschaftlichen Probleme ist. »Die restriktive Budgetpolitik der EU und vor allem ihr Stabilitätspakt müssen aufgegeben werden«, so Balibar. Stattdessen brauche man eine zwischen den Mitgliedsländern koordinierte Wirtschaftspolitik, die jeder Regierung genug Freiraum lasse, eigene Maßnahmen zur Überwindung der Krise zu treffen.

Zudem fordert Balibar: »Die Europäische Zentralbank muss der Deflation aktiv entgegenwirken und muss für Finanzmittel sorgen, um eine sich ausweitende Wirtschaftsentwicklung zu finanzieren.« Die Aussichten für eine solche Politik sind jedoch nach Meinung des Finanzexperten Norbert Gaillard gering: »Der Status der EZB steht einer Geldpolitik wie in den USA entgegen und sie dürfte sich gegen jeden Eingriff der Politiker widersetzen - wie immer mit Rückendeckung aus Berlin.«

Gaillard erinnert daran, dass zum Beispiel der Fall des Eurokurses gegenüber dem Dollar zur Jahrtausendwende seine Ursache im Wirtschaftsaufschwung der USA hatte.»In den letzten 15 Jahren war keine nachhaltige Kurssenkung des Euro das Ergebnis einer bewussten Politik der EZB oder der EU-Politiker«, folgert Gaillard. Frankreich sei besser beraten, sich auf nationale Maßnahmen zu konzentrieren, um ausländische Investoren anzuziehen, Zukunftsunternehmen zu fördern und Betriebe dabei zu unterstützen, international wettbewerbsfähig zu werden.

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