Ankunft in der Gegenwart
Neustart bei «Ein Fall für zwei» im ZDF
Pass auf«, sagt Wanja Mues in der Rolle des Privatdetektivs Leo Oswald zu seinem Jugendfreund und jetzigen Anwalt Benni Hornberg (Antoine Monot jr.), »lass uns zusammen arbeiten: Du als Anwalt. Ich als Privatdetektiv.« Alles neu macht der Mai? Nicht alles, aber einiges. Der Relaunch des Krimi-Klassikers »Ein Fall für zwei« versucht ein junges Publikum, das an sich schon keine Lust mehr auf Fernsehen hat, wiederzugewinnen, ohne dabei das Stammpublikum zu vergraulen.
Nach dem selbstgewählten Abgang von Claus Theo Gärtner, der 32 Jahre lang den Detektiv Josef Matula unter dem Etikett »hart, aber herzlich« gab und die Anwälte an seiner Seite (Günter Strack, Rainer Hunold, Mathias Herrmann und Paul Frielinghaus) kommen und gehen sah, wollten die verantwortlichen Redakteure die Erfolgsserie mit der 300. Folge »Letze Worte« im vergangenen März eigentlich einstellen. Doch dann besann man sich eines besseren und setzte - bis auf Regisseur Marcus Ulbricht - auf ein komplett neues Team vor und hinter der Kamera. So wurde auch auf altgediente Drehbuchautoren wie Xao Seffcheque und Jürgen Starbatty verzichtet. Junge Autoren wie Florian Oellner sollen fortan dafür sorgen, dass »Ein Fall für Zwei« in der Gegenwart ankommt.
Während die Optik ganz auf modern getrimmt ist, erklingt Klaus Doldingers charismatische Titelmusik nun »loungiger« - oder altmodisch gesagt »lauschiger«. Zuweilen wird weniger auf Psychologie gesetzt, dafür vermehrt auf Brutalität. Wanja Mues zeigt immer wieder gerne seinen nackten Oberkörper, der aufgrund seiner Wohlleibigkeit an einen vollbärtig-langhaarigen Günter Strack erinnernde Antoine Monot jr. vertauscht den Anzug höchstens mit T-Shirt und Shorts. Zwanzig Jahre haben sich die beiden nicht mehr gesehen, doch ein Kriminalfall führt sie in Frankfurt am Main wieder zusammen. Die »Verhängnisvolle Freundschaft«, so der Titel der ersten Folge, wird zu Beginn auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Wanja Mues alias Leo Oswald steht plötzlich selbst unter Mordverdacht - und sein alter Kumpel soll ihn als Anwalt herauspauken.
Die Eingangssequenz mit einer Orgien-Szene, die sich zwielichtige Wirtschaftsbosse in »Mainhattan« gönnen, wirkt ein wenig bei Stanley Kubricks finalem Epos »Eyes Wide Shut« abgeschaut. Nicht die schlechteste Referenz. Der Rest sieht nicht unbedingt wie großes Kino aus, trotz der beiden unverbraucht daherkommenden Ermittler und bekannten Gesichtern wie Gudrun Langrebe, Jürgen Tarrach und Thomas Thieme. Ein weiterer »Star« ist für Regisseur Ulbricht die Stadt Frankfurt am Main: »Es war der klare Wunsch des Senders, die Mainmetropole als dritten, vierten oder fünften Hauptdarsteller zu inszenieren«.
Der besondere Reiz der Serie bleibt allerdings erhalten: Die einst von Karl-Heinz Willschrei und Georg Althammer konzipierte Reihe wurde als Alternative zu herkömmlichen Krimis konzipiert, in der Kommissare die Hauptpersonen sind: Anwalt und Privatdetektiv sind bei jedem Fall gezwungen, gänzlich andere Ermittlungsmethoden anzuwenden, da sie keine staatliche Vollmacht, sondern lediglich ein Kundenmandat haben.
ZDF, 20.15 Uhr
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