Magier der Elektrizität

Vor 150 Jahren wurde der serbische Ingenieur und Erfinder Nikola Tesla geboren

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 4 Min.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts brach in den USA der so genannte Stromkrieg aus. Dabei stießen zwei der größten Erfinder aufeinander: der Amerikaner Thomas Alva Edison, ein überzeugter Anhänger der traditionellen Gleichstromtechnik, und der Serbe Nikola Tesla, der sich ganz der Entwicklung der Wechselstromtechnik verschrieben hatte. Denn nur in einem mehrphasigen Wechselstromnetz, so ließ Tesla in seinen Vorträgen verlauten, könne elektrische Energie ohne größere Verluste über weite Entfernungen transportiert werden. Edison konterte mit einer aufwendigen Propaganda-Aktion, um seine Landsleute vor den »tödlichen Gefahren« des Wechselstroms zu warnen. Damit nicht genug, ließ er in öffentlichen Experimenten Hunde und Katzen durch Wechselstromschläge töten. Eine Kommission in New York verfiel danach auf die Idee, zum Tode verurteilte Menschen auf ähnliche Weise hinzurichten, was 1890 zum ersten Mal geschah. Doch trotz seiner überragenden Stellung im Wirtschaftsleben der USA konnte Edison den Siegeszug der Wechselstromtechnik nicht aufhalten. Die eindrucksvolle Beleuchtungsanlage, die Tesla 1893 für die Weltausstellung in Chicago entworfen hatte, wurde aus Wechselstromgeneratoren gespeist, deren Leistung sich auf etwa neun Megawatt belief. Zwei Jahre später baute der Industrielle George Westinghouse nach Teslas Plänen ein Wasserkraftwerk an den Niagarafällen, welches die Stadt Buffalo über eine 36 Kilometer lange Leitung mit Strom versorgte. Wenig später wurde auch New York an das neue Stromnetz angeschlossen. Damit hatten Tesla und Westinghouse endgültig den Sieg im Stromkrieg errungen, denn die von ihnen entwickelte Technik bildete die Grundlage für die nordamerikanische Energieversorgung. Nikola Tesla wurde als Sohn serbischer Eltern am 10. Juli 1856 in der kleinen kroatischen Ortschaft Smiljan geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er von 1876 bis 1878 Ingenieurwesen an der Technischen Hochschule in Graz. Schon damals verfolgte er die Idee, Wechselstrom zur Energieübertragung zu nutzen und für diesen Zweck einen Elektromotor zu konstruieren. »Wenn ich einen Einfall habe«, erzählte er später, »beginne ich sofort, ihn in meiner Vorstellung zu entwickeln. Ich verändere die Konstruktion, nehme Verbesserungen vor und betreibe das Gerät im Kopf.« Um seine hochfliegenden Visionen verwirklichen zu können, siedelte Tesla 1884 in die USA über. Er arbeitete zunächst in einer Firma von Edison, wo es zu seinen Aufgaben gehörte, die Leistungsfähigkeit von Dynamomaschinen um 25 Prozent zu steigern. Im Erfolgsfall sollte er dafür eine Prämie von 50 000 US-Dollar erhalten. Er war zwar erfolgreich, doch Edison zahlte die Prämie nicht, woraufhin Tesla verärgert die Firma verließ. Die Liste seiner Erfindungen ist lang. Neben zahlreichen Wechselstromgeräten und einer Fernsteuerung für ein kleines Holzboot sei hier besonders die so genannte Tesla-Spule hervorgehoben, mit der sich Spannungen von mehreren Millionen Volt erzeugen lassen. Gern demonstrierte der geniale Erfinder die Wirkungsweise dieser Spule in seinen Vorträgen, um nicht zuletzt das Publikum mit künstlichen Blitzen zu erschrecken, die bis zu 40 Meter lang waren. Vor dem Franklin-Institut in Philadelphia berichtete Tesla 1893 erstmals über seine Versuche zur drahtlosen Telegraphie, die er drei Jahre später zu einem vorläufigen Abschluss brachte: Er schickte »verständliche Zeichen« über 30 Kilometer durch den Äther, während der Italiener Guglielmo Marconi im darauffolgenden Jahr nur fünf Kilometer schaffte. Im Juli 1898 meldete der deutsche Physiker Karl Ferdinand Braun sein Patent über »Telegraphie ohne fortlaufende Leitung« an. Wie man heute weiß, hatte Tesla schon zehn Monate vorher in zwei eingereichten Patentschriften zur drahtlosen Energieübertragung alle wichtigen Elemente für die drahtlose Telegraphie beschrieben. Marconi und Braun erhielten 1909 den Nobelpreis für Physik. Tesla hingegen ging leer aus, obwohl er in Stockholm später mehrmals auf der Kandidatenliste stand. Eines freilich sollte man gerechterweise hinzufügen: Nicht die drahtlose Nachrichtenübermittlung war für Tesla die entscheidende Herausforderung, sondern die drahtlose Kraft- und Energieübertragung, die sich als technische Sackgasse erwies. Gleichwohl stellte der Oberste Gerichtshof der USA im Juni 1943 in einem Urteil fest, dass als »Vater des Radios« kein anderer als Tesla anzusehen sei. Im Alter wurde der einst umtriebige Erfinder zunehmend depressiv. Er wohnte ausschließlich in Hotels und pflegte dort ein mitunter skurriles Junggesellenleben. Auch mit seinen Ideen driftete er immer häufiger ins Esoterische ab. Er habe ein Auto konstruiert, versicherte er gelegentlich, welches seine Energie nur aus der Schwerkraft gewinne. Zudem stehe er mit außerirdischen Zivilisationen in Kontakt und verfüge über eine tödliche Strahlenwaffe, deren Energie direkt auf feindliche Flugzeuge, Schiffe oder Heere gelenkt werden könne. Kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs bot er den »Todesstrahl« für drei Millionen Dollar den Briten an. Während Premierminister Chamberlain mit dem Projekt durchaus liebäugelte, erteilte die Regierung Churchill dem Erfinder eine klare Absage. Am 8. Januar 1943 starb Tesla in New York an den Spätfolgen eines Verkehrsunfall. Obwohl sein Werk bis heute umstritten ist, haben seine Erfindungen maßgeblich zur Entwicklung der Elektrotechnik beigetragen. Die Pariser Generalkonferenz für Maße und Gewichte beschloss daher 1956, die Einheit der magnetischen Flussdichte »Tesla« zu nennen. Am Montag bietet das Berliner Medien-Kunst-Labor Tesla im Rahmen einer Geburtstags-Soiree auch einen Besuch in der Hochspannungshalle der TU Berlin, wo es Blitzentladungen und eine große Teslaspule zu sehen gibt. Anmeldungen unter (030) 24749 805.
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