Neue Regeln für Forschung an Erregern
Ethikrat fordert verbindlichen Verhaltenskodex für Arbeiten an gefährlichen Organismen
Vor zwei Jahren sorgte der niederländische Virologe Ron Fouchier für eine ziemlich aufgeheizte Debatte sowohl innerhalb der Wissenschaftsgemeinde als auch zwischen Forschung und Politik. Fouchiers Team hatte einen Vogelgrippevirenstamm, der sich zwischen Säugetieren eher schlecht weiterverbreitet, genetisch so verändert, dass sich Frettchen leichter aneinander ansteckten. Ziel war natürlich keine neue Biowaffe, sondern ein besseres Verständnis der Mutationen an Grippeviren, die sie für den Menschen gefährlich machen. Das US-Biosicherheits-Beratungsgremium National Science Advisory Board for Biosecurity (NSABB) sah in den Forschungen erhebliches Missbrauchspotenzial und empfahl deshalb, einen Teil der Methoden und Labordaten nicht zu veröffentlichen. So mancher sah da das Gespenst der Zensur und Gefahr für Forschungsfreiheit.
Um für ähnliche Fälle gewappnet zu sein, beauftragte die Bundesregierung damals den Deutschen Ethikrat zu untersuchen, wie mit diesem Konflikt zwischen Forschungsfreiheit und Gefahrenabwehr umzugehen sei.
In dieser Woche stellte der Ethikrat nun im Beisein der Minister für Forschung und Gesundheit seine Stellungnahme vor. Entgegen dem gerne gepflegten Vorurteil, hierzulande mache man am liebsten immer neue gesetzliche Vorschriften, empfiehlt das Gremium aus Wissenschaftlern, Politikern und Kirchenvertretern allerdings erstmal keine Verbote oder staatliche Genehmigungsbehörden. Statt dessen setzt der Rat auf einen bundesweit geltenden Verhaltenskodex für »besorgniserregende biosicherheitsrelavante Forschung« (DURC, von engl. Dual Use Research of Concern). Bei allen Projekten, von denen man annehmen kann, dass sie Wissen, Produkte oder Technologien hervorbringen, die direkt missbraucht werden könnten, um Leben oder Gesundheit von Menschen zu schädigen, solle eine noch einzurichtende Kommission entscheiden, ob der zu erwartende Nutzen die Risiken übertrifft. Bei einem negativen Votum solle es keine öffentlichen Forschungsmittel für die Projekte geben.
Auf die Frage von Journalisten, wie weit davon auch privatwirtschaftliche Forschung betroffen sei, verwies die Juristin Silja Vöneky lediglich auf bereits existierende Kodexe der Wirtschaft. Vöneky ergänzte allerdings, dass man nach vier Jahren prüfen sollte, ob das System der innerwissenschaftlichen Prüfung anhand eines Verhaltenskodexes die Erwartungen erfüllt hat. Für die Zukunft schloss sie eine gesetzliche Genehmigungspflicht und die Einrichtung einer entsprechenden Behörde nicht aus. Zugleich seien auch internationale Regelungen nötig, so etwa eine Einigung, was überhaupt als DURC-Forschung anzusehen sei.
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