SPD und Linke gegen Extremismusklausel für Wahlämter
Nach Vorstoß der Unions-Innenpolitiker: NRW-Innenminister Jäger spricht von verfassungsrechtlich bedenklichem Populismus / Linken-Abgeordneter Kalich: Einstieg in »politisch motivierte Gesinnungsprüfung«
Berlin. In der SPD wird die Forderung der Union nach einem Verfassungsbekenntnis von Kandidaten für politische Wahlämter in den Städten und Gemeinden zurückgewiesen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, der SPD-Innenminister von NRW, Ralf Jäger, sagte der »Neuen Osnabrücker Zeitung«, Kandidaten »extremistischer Parteien von vorneherein auszuschließen, halte ich für Populismus und verfassungsrechtlich für sehr bedenklich«. Die »wehrhafte Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass wir die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner mit Argumenten und Überzeugungen führen«, so der Sozialdemokrat. Mündige und aufgeklärte Wähler sollten an den Wahlurnen selbst entscheiden, welchem Kandidaten sie ihre Stimme geben. Reglementierungen auf Basis der Gesinnung lehnte Jäger ab.
Die Innenpolitiker von CDU und CSU hatten Ende vergangener Woche in einer Erklärung ein schriftliches Bekenntnis von Kandidaten für Wahlämter ins Spiel gebracht, das per Bundesgesetz zur Pflicht erklärt werden solle. Die Unionsvertreter fordern, »dass alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um verfassungsfeindliche Personen von politischen Wahlämtern fernhalten zu können«. Weiter heißt es, »insbesondere zur Verhinderung der Kandidatur von Links- oder Rechtsextremisten für öffentliche Ämter wird die landesgesetzliche Ausgestaltung eines Extremistenbeschlusses gefordert«.
Kritik an dem Vorstoß war bereits von der Linkspartei gekommen. Der innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion in Thüringen, Ralf Kalich, hatte am Freitag erklärt, »der Versuch, politisch Andersdenkende per Gesetz von der demokratischen Willensbildung auszuschließen, dürfte für sich genommen bereits den Grundsätzen der Verfassung Hohn sprechen«. Dies aber auch noch »mit der so gefährlichen wie biederen Theorie von der demokratischen Mitte und den extremen Rändern der Gesellschaft zu verknüpfen«, öffne einer »politisch motivierten Gesinnungsprüfung Tür und Tor«. nd/mit Agenturen
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.