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Denkaufgaben für die Linkspartei

Tom Strohschneider über das Europa-Wahlergebnis der Linkspartei

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Ergebnis der Europawahl ist von links betrachtet nichts für kleines Karo: Im verengten Blick aufs deutsche Länderergebnis geht das ganze, komplizierte Bild verloren. Und umgekehrt wird das Ergebnis in der Bundesrepublik durch den Verweis auf die Erfolge linker Parteien etwa in Griechenland, Portugal und Spanien nicht rosiger.

Es kann von einem gemeinsamen linken Aufbruch in Europa nach diesen Wahlergebnissen nicht die Rede sein. Nicht im Lichte der erschreckenden Erfolge der Rechten, nicht im Lichte des Abschneidens bisher wichtiger Stützen der europäischen Linken. Die Linkspartei hat ihre Kernwählerschaft mobilisiert. Sie hat sogar rund 200 000 Stimmen dazugewonnen. Für ein soziales Europa ist das aber als Signal zu wenig.

Der bundesdeutschen LINKEN bringt das Wahlergebnis gleich mehrere Denkaufgaben. Es ist ihr nicht gelungen, von steigender Wahlbeteiligung zu profitieren. Die alte Regel, wenn die SPD regiert, kann die Linkspartei dazugewinnen, hatte bei dieser Wahl offenbar keine Gültigkeit. Und das, obwohl die Sozialdemokraten in der Vergangenheit kein Gegengewicht zur deutsch-orchestrierten Krisenpolitik waren, sondern stets mit dem Kurs von Angela Merkel stimmten.

Warum kam da ein Resonanzboden für eine linke, wirkliche Alternative nicht zum Schwingen? Trotz der drängenden Signale, die für einen sozialen und ökologischen Kurswechsel sprechen - ein übergroßer Teil der Wahlbevölkerung will genau das offenbar nicht: Veränderung. Hierin liegt wohl die größte Herausforderung.

Die Linkspartei sollte sich stärker der Widersprüchlichkeit eines Krisenbewusstseins in der Gesellschaft stellen, das zwischen »Noch einmal davongekommen«, Aggressivität nach unten und gegen außen sowie einer durchaus bestehenden Ablehnung kapitalistischer Imperative oszilliert. So sehr die Menschen den Zombie Neoliberalismus, der etwa in Form des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP wieder auferstanden ist, ablehnen - so wenig sind sie offenbar bereit, einer Partei ihre Stimme zu geben, von der man weiß, dass sie Veränderung will. Die Linke muss deshalb kritisch bilanzieren, ob sie zu wenig klarmacht, worin diese Veränderung bestehen könnte, mit wem man sie durchsetzen will und was das auf mittlere Sicht für den Einzelnen bedeutet: konkret, im Alltag. Die Debatte über einen »neuen Sound«, mit dem auch Menschen erreicht werden könnten, die bisher nicht erreicht wurden, müsste zwingender geführt werden. Die LINKE wird sich fragen müssen, wie zugleich die Verankerung in wichtigen Milieus, etwa bei den gewerkschaftlich organisierten Facharbeitern, verstärkt werden kann.

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