Sieben Tage, sieben Nächte
Zunächst ein wichtiger Hinweis für alle, die dieses Jahr noch nicht draußen waren: Draußen ist Frühling. Den Frühling erkennt man unter anderem an allerhand Tiergeräuschen, an kurzen Hosen und verstärktem Demo-Aufkommen. Das sollte noch einmal gesagt werden, bevor demnächst die Leute neben ihren Ohrstöpseln auch noch diese Google-Brillen tragen und nicht mehr nur nichts hören, sondern auch nichts sehen.
Aber nicht nur deshalb ist es ratsam, sich nicht komplett akustisch und visuell abzudichten. Das kann auch im Straßenverkehr zum Verhängnis werden. Ein Kollege aus der nd-Redaktion musste das dieser Tage feststellen, als er während des Dahinradelns plötzlich einen dicken Kloß im Hals hatte. Er war, ohne auf die nähere Umgebung zu achten, in ein dichtes Geschwader watteähnlicher Gebilde geraten, die durch die Luft trudelten. Sie sehen harmlos aus, aber wenn so ein Flugobjekt mit - sagen wir - zehn Stundenkilometer auf einen entgegenkommenden Radler mit Tempo 30 trifft, schießt es praktisch mit 40 Sachen in den Schlund hinab. Operativ ist da kaum noch etwas zu machen.
Naturfreunde in der Redaktion erklärten, das seien Klumpen von Pappelsamen, aber wir wollen lieber erst einmal skeptisch sein. Pappelsamen in solchen Massen, wie beim Schneesturm am Mount Everest? War das früher auch so viel? Ist es nicht in den letzten Jahren viel schlimmer geworden?
Das sind Fragen, bei denen kritische Journalisten sofort hellwach werden. Erleben wir hier wieder einmal die verheerenden Folgen der Klimakatastrophe? Ist ein geheimes Chemiewaffenexperiment der Bundesregierung aus dem Ruder gelaufen? Handelt es sich womöglich um eine neue Sauerei der NSA? Hat Edward Snowden sich schon dazu geäußert?
Das ist keineswegs übertrieben, denn aus der berühmten Fußnote in Marx' Kapital wissen wir, dass eben dieses Kapital für Profit alles tut, »selbst auf die Gefahr des Galgens« - sogar pappelsamenähnliche Knubbel würde es in die Umlaufbahn bringen. Und haben wir nicht alle schon die ungeheuerlichsten Thriller gesehen, mit Titeln wie »Angriff der Monsterflusen« oder »Pappel fiction«?
Das wird unser Rechercheteam alles gründlich untersuchen und dabei auch die Meinung der Partei des Friedens, der Gerechtigkeit und der ostdeutschen Interessen gebührend berücksichtigen. Vor allem aber wird es herausfinden, was das rätselhafte Flugobjekt jetzt im Inneren unseres Kollegen anstellt. Sein Gehirn übernehmen? Intime Daten in die ganze Welt senden? Oder zunächst 40 Jahre abwarten in der Hoffnung, wir würden den Vorfall vergessen?
Wir bleiben da dran. Eine Überschrift haben wir schon, frei nach Egon Bahrs legendärer Aggression auf Filzlatschen. Wir werden titeln: Aggression der Filzflatschen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.