20 Prozent arbeiten fast pausenlos

Neue Studie von Gewerkschaft ver.di: Jeder und jede Fünfte nimmt die Pause nur verkürzt in Anspruch / Chefs stehen selten in der Kritik

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Käsebrot zwischen die Kiemen, losgerannt zur Pressekonferenz, gegessen wird unterwegs. Einige lassen sich Essen mitbringen, gehen zwischendurch eine Zigarette rauchen. So ist das an manchen Tagen in der nd-Redaktion - und nicht nur dort. In einer am Montag in Berlin vorgestellten repräsentativen Umfrage der Gewerkschaft ver.di gaben zehn Prozent der Beschäftigten an, ihre Mittagspause selten oder nie zu nutzen, jeder und jede Fünfte nimmt die Pause nur verkürzt in Anspruch.

Als Grund fürs Durcharbeiten gab über die Hälfte der Befragten »hohes Arbeitsaufkommen« an oder »Verantwortung für die Kollegen«. Nicht verwunderlich, dass 42 Prozent derjenigen, die mit ihren Pausen knausern, dies tun, weil sie sich an ihren KollegInnen orientieren. Hohe Werte erreichten auch die Faktoren »häufige Störung oder Unterbrechung der Pause durch Arbeitsanforderungen« (66 Prozent), »längere Pausen passen nicht in den vorgegebenen Arbeitsrhythmus« (49 Prozent)oder schlicht: »Ich arbeite lieber durch« (38 Prozent).

Die Chefs stehen selten in der Kritik, Beschäftigte zum Durcharbeiten zu zwingen. Doch mit der Infrastruktur ist es oft nicht weit her. Ein Fünftel beklagt fehlende Sitzgelegenheiten, Ruhe- oder Rückzugsräume sowie Kochgelegenheiten. Besonders ArbeiterInnen machen der Umfrage zufolge zu wenig Pausen.

Ver.di will im Rahmen einer Aktionswoche unter dem Motto »In die Pause ... Fertig? Los!« bis zum 6. Juni in hunderten Betrieben und Dienststellen bundesweit das Gespräch mit Beschäftigten suchen, teilte die Gewerkschaft mit. Mancherorts sind aktive Mittagspausen geplant, um aufs Thema aufmerksam zu machen.

Die Gründe für die Aktion liegen auf der Hand. Der Studien über die Folgen von Arbeitsstress sind es viele. Das Arbeitszeitgesetz schreibt überdies vor, dass bei mehr als sechs Stunden Arbeit 30 Minuten Pause gemacht werden müssen, ab neun Stunden sind es 45 Minuten. Und nicht zuletzt wurden die Pausen von Gewerkschaften hart erkämpft. Im Jahr 1873 erstritten die Buchdrucker erstmalig eine tarifliche Pausenregelung. Ununterbrochene Arbeitszeiten von 12 und mehr Stunden waren damals an der Tagesordnung. Es ist schon deshalb nicht einzusehen, warum Beschäftigte heutzutage diese Errungenschaften freiwillig wieder aufgeben.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -