Fracking durch die Hintertür

Wirtschaftsminister Gabriel will Grundlagen für umstrittene Fördertechnik regeln

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr eine gesetzliche Basis für Fracking-Genehmigungen schaffen. Kritiker fürchten unkontrollierbare Risiken.

Die Bundesregierung will unabhängiger von Energie-Importen bei wie Erdgas oder -öl werden - und setzt dabei auch auf das umstrittene Fracking. Das geht aus einem Brief von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Gesine Lötzsch (LINKE), hervor. Laut dem Schreiben, das »nd« vorliegt, wollen Wirtschafts- und Umweltministerium in den nächsten Wochen einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem die Förderung von Schiefergas aus tiefen Gesteinsschichten geregelt wird. Dafür sollen das Wasserhaushaltsgesetz und die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben geändert werden.

Die Technologie, bei der mit Chemikalien und Sand versetztes Wasser unter hohem Druck in den Untergrund gepresst wird, um das Gestein aufzubrechen, soll demnach erlaubt werden - unter Auflagen: Firmen, die Fracking einsetzen wollen, müssen sich eine Erlaubnis von der Wasserbehörde holen. Für jede Bohrung soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben sein, in Wasserschutzgebieten gilt ein Fracking-Verbot. Weitere Auflagen würden derzeit geprüft, heißt es. Und das offenbar zügig: Noch vor der Sommerpause soll sich das Kabinett mit dem Vorschlag befassen, Ende 2014 soll das Gesetz Bundestag und -rat passiert haben.

Die geplanten Änderungen hatten Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. Dort wird das Fracking allerdings als »Technologie mit erheblichem Risikopotenzial« bezeichnet, deren Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt seien. Den »Einsatz umwelttoxischer Substanzen« lehnten die Koalitionspartner damals ab. Dazu und auch zur dort festgeschriebenen obligatorischen Beteiligung der Öffentlichkeit an Fracking-Genehmigungsverfahren findet sich in Gabriels Brief allerdings kein Hinweis. Das Ministerium teilte am Mittwoch mit, der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit habe »absoluten Vorrang«.

Umweltverbände und Opposition wollen das nicht glauben: Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstands der Naturfreunde Deutschlands, sagte, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei keine strenge Auflage, sondern eine Selbstverständlichkeit. Fracking müsse grundsätzlich verboten werden. Die angekündigte Regelung sichere die Technologie gesetzlich ab, damit würden umwelt- und energiepolitisch die falschen Weichen gestellt.

Die energiepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Eva Bulling-Schröter, kritisierte, Gabriel tue nur den Energiekonzernen einen Gefallen. »Statt neuer Investitionen in den klimaschädlichen Brennstoff Gas sollte die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorantreiben.« Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer bezeichnete den geplanten Entwurf gegenüber dpa als »Fracking-Ermöglichungsgesetz«. Demnach könnte Fracking in Zukunft auf 86 Prozent der Landesfläche erlaubt sein.

Ein vollständiges Verbot fordert auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Vizechef Claus-Harald Güster sagte, ohne sauberes Wasser ließen sich keine Lebensmittel und Getränke herstellen. Umweltverträglichkeitsprüfungen und die Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten reichten nicht aus, da sich fließendes Wasser nicht an regionale Schutzgebiete halte.

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