Schlechte Noten für »Bologna«

Studie zeigt große Unzufriedenheit der Studierenden mit dem Bachelor-Abschluss

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor ziemlich genau 15 Jahren wurde der sogenannte Bologna-Prozess zur Vereinheitlichung der europäischen Hochschulausbildung gestartet. Doch viele der damaligen Ziele sind in weiter Ferne.

Internationaler, transparenter und praxisnäher sollte das Hochschulstudium werden - so die Ziele der »Bologna-Erklärung«, die 29 europäische Bildungsminister 1999 unterzeichneten. In Deutschland wurden in der Folge Magister- und Diplomstudiengänge zugunsten eines zweistufigen Systems von »Bachelor« und »Master« abgeschafft und ein internationales Punktesystem eingeführt.

Doch 15 Jahre später zeigt sich, dass diese »Reformen« viele Ziele verfehlen. Gerade in Sachen Praxisnähe stellen die Betroffenen ein schlechtes Zeugnis aus. So ist nicht einmal jeder vierte Universitäts- oder Fachhochschulstudierende zwischen 18 und 29 Jahren der Ansicht, dass der sogenannte Bachelor ausreichend auf einen Berufseinstieg vorbereite - und selbst unter den Studierenden, die sich mit dem Kurzstudiengang zufriedengeben, glaubt das gerade einmal jeder Dritte. In den Augen der Studierenden sei der Bachelor »fast zu einer Art Vordiplom degradiert«, deshalb wollten sich 61 Prozent mit dem Bachelor auch nicht zufriedengeben, sagte Daniele Nati, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Reemtsma, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der fünften Studentenbefragung des Begabtenförderungswerkes des Tabakkonzerns. Im Auftrag von Reemtsma hatte das Allensbach-Institut 2000 Studierende befragt.

Auch die Internationalisierung kommt nur schleppend voran. 52 Prozent planen weiterhin keinen Auslandsaufenthalt während des Studiums. Teils aus finanziellen Gründen, teils aber auch aus Furcht, die Regelstudienzeit zu überschreiten oder im Ausland erbrachte Studienleistungen nicht angerechnet zu bekommen - dem Punktesystem zum Trotz. Gut jeder vierte Studierende kann sich aber vorstellen, nach dem Studium länger oder sogar dauerhaft ins Ausland zu gehen, was angesichts des viel beschworenen Fachkräftemangels nicht unproblematisch ist.

Der Studie zufolge verfügt der durchschnittliche Studierende in der Bundesrepublik über 615 Euro pro Monat - der Durchschnittswert erklärt sich damit, dass viele weiter bei den Eltern wohnen und keinen eigenen Haushalt führen. Nur 18 Prozent verfügen über 800 Euro und mehr. Zu 64 Prozent werden Studierende nach wie vor von ihren Eltern finanziert, 58 von hundert Befragten arbeiten nebenher, 33 Prozent der Studierenden beziehen BAföG - und immerhin 25 Prozent greifen auf das eigene Ersparte zurück. Jeder fünfte Studierende hat sich um ein Stipendium bemüht, doch nur vier von hundert können ihr Studium so tatsächlich finanzieren. Von den 80 Prozent, die das noch nicht versucht haben, glauben 50 bzw. 44 Prozent, dass ihre Noten zu schlecht seien oder sie das oft geforderte »gesellschaftliche Engagement« nicht nachweisen können.

Auf den Nägeln brennt den Studierenden der Wohnungsmarkt. 72 Prozent der Studierenden - in Berlin sogar 82 Prozent - halten es für schwer oder sehr schwer, bezahlbaren Wohnraum am Studienort zu finden. Allerdings gibt es hierbei große Ost-West-Unterschiede: Im Osten halten 54 Prozent die Wohnungssuche für leicht oder sehr leicht. 72 Prozent der Studierenden fordern mehr Wohnheime. Doch sind 79 Prozent mit ihrer derzeitigen Wohnsituation zufrieden oder »eher zufrieden«.

Von ihrem späteren Berufsleben erhoffen sich die Studierenden vor allem ein gutes Betriebsklima (73 Prozent), einen sicheren Arbeitsplatz (67 Prozent) und ein Arbeiten, das den eigenen Neigungen entspricht sowie mit Privatleben und Familie vereinbar ist (66 bzw. 65 Prozent). Hohes Einkommen und Aufstiegsmöglichkeiten halten dagegen nur 46 bzw. 44 Prozent für besonders wichtig.

Nicht gefragt wurde in der Studie nach den konkreten Studienbedingungen. Doch zeigen die in den vergangenen Wochen immer wieder aufflackernden Proteste gegen überfüllte Seminare, dass es viel Unmut gibt. Schwarz-Rot hat fünf Milliarden Euro mehr für Bildung und Hochschulen sowie drei Milliarden für die Forschung versprochen. Noch ist unklar, wann und woher das Geld kommen soll.

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