Kein Platz im Krisengebiet
Hunderttausende Syrer und Iraker sind auf der Flucht
Nach Syrien erlebt nun auch Irak eine Flüchtlingskatastrophe. Insgesamt 1,2 Millionen Menschen sind in dem Land auf der Flucht, schätzt Fabio Forgione, der Leiter der Mission von Ärzte ohne Grenzen in Irak - davon 500 000 aus der kürzlich von der islamistischen Organisation »Islamischer Staat in Irak und Syrien« (ISIS) überrannten Stadt Mossul und 480 000 aus der westlich davon gelegenen Provinz Anbar.
Größere Flüchtlingsströme hat es auch aus Tell Afar, auf halbem Weg zwischen Mossul und der syrischen Grenze, gegeben. Tell Afar wurde ebenfalls von ISIS eingenommen, die Regierung versucht, die Stadt zurückzuerobern. Nach Angaben von Dennis Dargul, Leiter des kurdischen Zagros TV in der Provinz Behdinan, sind sowohl Flüchtlinge aus Mossul als auch Turkmenen aus Tell Afar in das kurdische Gebiet geflohen. Dort gibt es drei große Lager. Ein Teil der Flüchtlinge wurde in den Städten von Verwandten oder gegen eine Bürgschaft aufgenommen. Unterstützt würden die Flüchtlinge von der Kurdischen Regionalregierung in Erbil, vom Roten Kreuz, anderen Organisationen und direkt durch die Bevölkerung. Angesichts der sehr angespannten Situation mit täglich drei oder vier Anschlägen und der Unterdrückung der Sunniten durch die schiitisch dominierte Zentralregierung von Nuri al-Maliki habe man auch mit einem Aufstand gerechnet.
Die Hilfsorganisation Wadi weist besonders darauf hin, dass Irakisch-Kurdistan bereits viele Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen hat. Andererseits sei ein Teil der Flüchtlinge aus Mossul schon dabei zurückzukehren - diejenigen, die nicht vor ISIS geflohen seien, sondern weil sie als Folge der Einnahme der Stadt einen Luftangriff der Regierung al-Maliki auf Mossul befürchteten.
Derzeit sind in der Region drei Gruppen von Flüchtlingen unterwegs: die, die ihre Häuser aus Angst vor Kriegshandlungen verlassen haben. Andere fürchten die Unterdrückung, haben aber bei Sympathisanten Unterschlupf gefunden und können vielleicht einen Neuanfang wagen. Doch es gibt auch die, die in der Region kaum noch irgendwo einen Platz finden. Dazu zählen viele syrische Flüchtlinge und religiöse Minderheiten wie Christen und Jesiden.
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