Haushalt 2014: Schuldenabbau zum kleinen Preis
Der Etat zielt auf Schuldenabbau - und Verteilung der Kosten auf viele schmale Schultern
Wer käme darauf, dass für die Einnahmen des Staates die Tabaksteuer der fünftgrößte Posten sind? So ist es aber. Er beträgt 14,3 Milliarden Euro und liefert keinen sehr großen Beitrag zu den Staatseinnahmen. Er kann damit für die Bescheidenheit des Staates auf der Einnahmenseite stehen, die linke Kritiker monieren. Den größten Einnahmeposten machen die Lohn- und Einkommensteuern aus, also jene, die sogenannte Arbeitnehmer zahlen; Vermögende dürfen sich freuen. Linksfraktionsvize Dietmar Bartsch beklagte in seiner Rede zum Haushalt am Dienstag eben jene Diskrepanz, die durch »Ausgabenkürzungen zu Lasten der Arbeitssuchenden, der Rentner und der Kranken« ausgeglichen wird, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erzwingen. Was im Ergebnis dazu führe, dass dem Bundestag nun ein »Haushalt der sozialen Spaltung« vorliege.
Minister Wolfgang Schäuble (CDU) ficht das nicht an. Sparen ist für Konservative ein Wert an sich und der ausgeglichene Haushalt für ihn und die Regierungskoalition ohnehin zum Mantra geworden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Schäuble bei der Begründung des Bundeshaushalts 2014 am Dienstag besondere Energie auf die Feststellung verwandte, dass eine Neuverschuldung von nur noch 6,5 Milliarden Euro für das laufende Jahr vorgesehen sei - der niedrigste Wert seit 40 Jahren. Im vergangenen Jahr hatte die Nettokreditaufnahme noch 22 Milliarden Euro betragen. Ab 2015 will die Bundesregierung ohne neue Schulden auskommen. Und Schäuble wird sich den Ruhm hierfür durch nichts nehmen lassen. »Wir haben in diesem Jahr, was den Vollzug des Haushalts anbetrifft, in der Tat ganz wenig Spielräume«, sage er schon mal vorbeugend für alle weiteren Nachbesserungsdebatten.
Soziales und Renten
Der Bärenanteil des Bundeshaushalts geht auch 2014 an das Ministerium für Arbeit und Soziales. Im Haushaltsplan sind für das Ressort von Andrea Nahles (SPD) 122,3 Milliarden Euro vorgesehen - rund 3,1 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr für seine Aufgaben aufgewendet wurden.
Merklich erhöht haben sich unter anderem die laufenden Zuweisungen an die Sozialversicherung, die 2014 104,3 statt wie 2013 noch 103,7 Milliarden betragen sollen. Der Zuschuss für »Renten, Unterstützung u.Ä. an natürliche Personen« steigt ebenfalls leicht - von etwa 27,1 auf 27,8 Milliarden Euro.
Die jüngsten Versprechen sind dabei allerdings nicht eingepreist. Bei der Mütterrente wird es nach Auskunft von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erst ab 2018 Steuerzuschüsse geben. Die Deutsche Rentenversicherung geht davon aus, dass die jüngste Rentenreform insofern den Rentenbeitragssatz ab 2020 kräftig ansteigen lassen wird. 2020 müsse der Beitragssatz demnach auf 19,4 Prozent angehoben werden, bis 2030 werde er auf voraussichtlich 21,9 Prozent steigen. vs/uka
Schnüffler und Spione
Ebenfalls mit etwas geringeren Mitteln muss das Bundesinnenministerium auskommen. Statt 5,85 bekommt das Haus von Thomas de Maizière (CDU) insgesamt nur noch 5,77 Milliarden Euro. Deutlich mehr von diesem Weniger bekommt allerdings die Skandalbehörde »Verfassungsschutz«. Die wird für ihre in jüngerer Zeit bekannt gewordenen Fehlleistungen und Vertuschungsaktionen mit einem Plus von immerhin gut drei Millionen Euro gegenüber 2013 belohnt. Der Bundesverfassungsschutz liegt damit nun wieder in etwa auf dem Niveau von 2012. Insgesamt sollen 2014 nahezu 210 Millionen an die Schlapphüte gehen.
Der Bundesnachrichtendienst (BND) wird aus dem Etat des Bundeskanzleramtes finanziert. Für 2014 sind das 552 590 000 Euro. 2013 waren es 532,2 Millionen Euro, 2012 begnügte sich der Auslandsnachrichtendienst mit 504,8 Millionen Euro.
Nicht enthalten sind zusätzliche Bau- und Modernisierungskosten zum Beispiel auf dem Gebiet der IT. Zudem lässt die Behörde Aufgaben von anderen Behörden erledigen. Im Zuge der NSA-Affäre kamen Beziehungen zum Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik heraus. Das Budget des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) kommt aus dem Verteidigungsetat. vs/hei
Moral und Deutschtum
Mehr Kriegseinsätze, mehr Verständnis für Banken, weniger Regulierung der Wirtschaft und klare Kante gegen Weltverbesserer - Bundespräsident Joachim Gauck versteht sich als politisch-moralischer Führer. Billig ist sein Kampf für die Reichen und Mächtigen aber nicht: 33 110 000 Euro sollen Präsident und Verwaltung kosten - 656 000 Euro mehr als 2013. Vielleicht reicht das Geld im dritten Jahr von Gaucks Präsidentschaft für den ausstehenden Antrittsbesuch in Moskau. Dort soll es ja Redebedarf geben.
Unterstützt wird der Chefmoralist durch weiterhin erhebliche Ausgaben für die Deutschtumspflege der früheren Ostgebiete. Aus dem Kanzlerinnenetat - 1,99 Milliarden, 56 Millionen weniger als 2013 - gibt es für die »Kulturarbeit« verschiedener Semi- oder Vollrevanchisten rund 21,7 Millionen Euro, 2013 waren es nur gut 21 Millionen gewesen.
Noch 2013 erhielt die Bundeszentrale für politische Bildung mit 38 Millionen Euro nicht einmal doppelt so viel wie diese rechten Randgruppen. Nun sind es immerhin 49 Millionen. Und auch für »Vielfalt, Toleranz und Demokratie« gibt es mehr Geld als für das staatlich gepäppelte Landsmannschaftsmilieu: nämlich gut 30 Millionen Euro, etwa eine Million mehr als 2013. vs
Truppen und Waffen
Weniger Geld soll an das Verteidigungsministerium fließen, was angesichts der allgemeinen Rhetorik über »mehr Verantwortung« mit Waffengewalt in aller Welt zunächst verwundern mag. Doch lassen sich aus dem Umstand, dass der Bendlerblock statt 33,3 nur noch 32,8 Milliarden Euro erhält, noch keine friedlichen Absichten ableiten. Ein erhebliches Minus ergibt sich den Zahlen zufolge bei den »Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte - dieser Posten sinkt von 52,1 auf 37,4 Millionen Euro. Im Detail zeigt sich, dass zwar die Ausgaben für die »deutschen Verteidigungsstreitkräfte« von 22,9 auf 22,2 Milliarden reduziert werden, die laufenden Kosten für »militärische Beschaffungen, Anlagen usw.« aber von knapp 8,6 auf nahezu 10 Milliarden Euro steigen sollen. Allein die Fortführung der »Eurofighter«-Beschaffung frisst weitere 650 Millionen, die Marine kauft Schiffe für 600 Millionen Euro.
Der größte Brocken betrifft weiterhin die Personalausgaben - 15,69 Milliarden Euro. Das sind 80 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Parallel dazu sinkt allerdings auch der Umfang der Berufs- und Zeitsoldaten von aktuell 191 000 auf 188 000. Minus 2000 Planstellen gibt es bei den Zivilbeschäftigten. vs/hei
Krankheit und Kassen
Fast eine Milliarde Euro weniger Mittel soll es im Jahr 2014 für Gesundheitszwecke geben. Insgesamt sollen 11,05 Milliarden Euro an das Ministerium von Hermann Gröhe (CDU) gehen, 2013 waren es noch 11,98 Milliarden.
Dies erklärt sich freilich nicht durch einen plötzlichen Gesundheitssprung bei den durchschnittlich weiterhin alternden Bundesbürgern. Das Minus im Gesundheitsetat der Bundesregierung hat eher damit zu tun, dass vom Finanzministerium bei Bundeszuschüssen für Gesundheitsmaßnahmen kräftig zugegriffen wurde.
Die Zuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung sollen in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt um sogar gleich sechs Milliarden Euro zusammengestrichen werden.
Diese Zuschüsse fallen vor allem für sogenannte versicherungsfremde Leistungen der Kassen an - beispielsweise die kostenfreie Mitversicherung von Familienangehörigen, Mutterschaftsgeld und Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes.
Diese Kürzung, die durch anderweitige Mehreinnahmen im Gesundheits-Gesamthaushalt teilweise ausgeglichen wird, setzt die Krankenkassen absehbar weiter unter finanziellen Druck. Am Ende werden diese Kosten von den Versicherten getragen werden müssen. vs
Autos und Schienen
Das vom CSU-Politiker Alexander Dobrindt geführte »Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur« verfügt auch im Jahr 2014 mit knapp 22,8 Milliarden Euro über einen der größeren Posten im Bundeshaushalt, muss gegenüber dem Vorjahr allerdings auf satte 3,6 Milliarden Euro verzichten.
Experten schätzen zugleich den jährlichen Mehrbedarf an Verkehrsinvestitionen auf derzeit etwa sieben Milliarden Euro. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag wurden in diesem Bereich allerdings nur fünf Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen vereinbart - in der ganzen Legislaturperiode bis 2017.
Auch verplant ist dieser knappe Geldsegen bereits fest: 1,5 Milliarden sollen in bereits laufende Projekte fließen, 2,1 Milliarden sollen für Bundesfernstraßen ausgegeben werden, 350 Millionen für Wasserstraßen - und gut eine Milliarde für Schienenprojekte. 2014 sollen von den zusätzlichen fünf Milliarden Euro 505 Millionen fließen.
Die ministerielle »Lösung« für diese absehbare Finanzklemme zeichnet sich bereits ab: Gerade in den vergangenen Tagen drängte Dobrindt wieder verstärkt auf »öffentlich-private Partnerschaften« etwa beim Bau von Autobahnen. Auf kurze Sicht sinken so die Ausgaben, weil statt des Gesamtpreises eine Gebühr zu Buche schlägt. Dass solche Modelle langfristig tatsächlich kostengünstiger sind, bestritt allerdings jüngst der Bundesrechnungshof: Es werde eher zu Mehrkosten kommen. uka/vs
Die Zinszahlungen sind mit geplanten 28,6 Milliarden Euro der drittgrößte von 22 Einzelplänen hinter Arbeit und Soziales sowie Verteidigung (9,6 Prozent der Gesamtaufwendungen). Gegenüber dem Schuldendienst des vorangegangenen Haushalts in Höhe von 32,9 Milliarden Euro ist also eine Minderung eingeplant - obwohl zunächst von reichlich 30 Milliarden Euro ausgegangen worden war. Schäuble reduzierte die Summe zuletzt unter Hinweis auf international gesunkene Zinsen. Für die Opposition ist dies ein schönes Beispiel willkürlich bereinigter Haushaltsplanung.
Wenn am Freitag nach der Debatte über alle Einzelpläne der Haushalt insgesamt abgestimmt wird, sind die Mehrheiten klar. Ebenso wie das öffentliche Urteil. Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte es schon mal am Mittwoch in der Generalaussprache: Deutschland ist Stabilitätsanker in Europa. Seite 6
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