Anfang vom Ende der Projekteritis?
Initiativen fordern mehr Geld im Kampf gegen Rechts
Ein Ende der »Projekteritis« hatte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) den zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Rechtsextremismus kürzlich versprochen. Auch die Akteure hatten stets auf die Beendung jenes Zustands gedrängt, sich stets von einer Mittelbewilligung zur nächsten zu hangeln. So lautet der Tenor eines am Montag vorgestellten Papiers der »Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung« sowie der »Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus«.
Dieses »Empfehlungspapier« beruft sich u. a. auf ein 2013 veröffentlichtes Gutachten, nachdem es - im Unterschied zur bisherigen Auffassung des Familienministeriums - verfassungsrechtlich möglich sei, derartige Initiativen dauerhaft und nicht nur projektbezogen zu fördern. Auch der NSU-Ausschuss des Bundestags empfiehlt in seinem überfraktionellen Abschlussbericht eine verstetigte Fortentwicklung der Initiativenlandschaft - unter deren inhaltlicher Mitgestaltung.
Die von Schwesig nun am Montag vorgestellten »Eckpunkten« des Bundesprogramms »Demokratie leben« kommen diesen Wünschen immerhin teilweise nach. Nach Schwesigs Darstellung soll im neuen Programm, das eine Laufzeit von fünf Jahren hat, der Schwerpunkt auf »der Bekämpfung von Rechtsextremismus« liegen; doch seien prinzipiell nach wie vor auch Projekte gegen »Salafismus«, »linke Militanz« oder »Homophobie« förderungswürdig. Beendet wird allerdings die Praxis, bei Projekten »gegen Links« 80 Prozent aus dem Bundesprogramm zu übernehmen und bei Initiativen »gegen Rechts« nur 50 Prozent. Laut Schwesig will man in Zukunft immer 80 Prozent bezahlen - und »den Initiativen ver- und nicht misstrauen«. In diesem Zusammenhang hatte die Ministerin bereits die von ihrer Amtsvorgängerin eingeführte »Extremismusklausel« gestrichen.
Den Plänen zufolge werden nunmehr alle Initiativen für die gesamte Laufzeit von fünf Jahren gefördert. Bisher mussten sich dieselben oft jährlich neu bewerben. Insgesamt will die Bundesregierung ab 2015 jährlich 30,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Für »nachhaltige Strukturen« in Kommunen, Bund und Ländern sind demnach 22 Millionen Euro vorgesehen, für »Modellprojekte« sechs Millionen und für »Steuerung und Umsetzung« etwa 2,5 Millionen Euro.
Die Berliner Antonio-Amadeu-Stiftung hält die Reform für einen »wichtigen ersten Schritt«, wie die Stiftung per Twitter mitteilte. Längerfristig allerdings, heißt es in dem Empfehlungspapier der Bundesarbeitsgemeinschaften, sei eine erhebliche Aufstockung vonnöten: Wenn nun die in den ostdeutschen Ländern vielfach bewährten Strukturen auch im Westen der Republik aufgebaut werden sollten, müssten »mindestens 70« Millionen in die Hand genommen werden.
Die Umstellung bedeute für die Projekte in der Tat mehr Planungssicherheit, sagte der Bundestagsabgeordnete Michael Leutert (LINKE) dieser Zeitung. Andererseits unterlasse es die Neukonzeption abermals, die Projekte auf eine wirklich dauerhafte Basis zu stellen. Das sei aber nötig, denn die Nazis hielten sich »nicht an Fünfjahrespläne«.
Eine prinzipiell an Institutionen, nicht Projekte gebundene Förderung wird im Ministerium offenbar weiter abgelehnt. Nach einem internen Bericht, der »nd« vorliegt, bestehen »für eine Überführung von Projektförderungen in institutionelle Förderungen (...) keine Möglichkeiten«.
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