Libysches Öl fließt wieder, doch gekämpft wird nach wie vor

Auch in der Hauptstadt Tripolis kam es erstmals seit Monaten wieder zu Zusammenstößen

  • Mirco Keilberth, Tripolis
  • Lesedauer: 3 Min.
Libyens Regierung hat sich mit den Föderalisten aus der östlichen Provinz Cyrenaika auf die Wiedereröffnung der Ölhäfen Ras Lanuf und Sidra geeinigt.

Fast ein Jahr lang hatten die mit dem Schutz der Ölanlagen beauftragten Einheiten unter Ibrahim Jadran den Ölexport Libyens blockiert. Der ehemalige Rebellenkommandant Jadran fordert 15 Prozent der Einnahmen für die Cyrenaika, wo ein Großteil der Ölvorkommen Libyens liegt.

Am vergangenen Freitag trafen sich Libyens Übergangspremierminister Abdullah Al Thinni und eine Föderalistendelegation, um das ursprünglich bereits im März getroffene Abkommen in Kraft zu setzen. Der Ausbruch der Kämpfe zwischen Einheiten der Armee und islamistischen Milizen und die gescheiterte Wahl eines neuen Premierministers verhinderten bisher das Wiederanfahren der Ölproduktion.

Libyen hatte einige Zeit nach dem Sturz Muammar Al-Gaddafis mit 1,3 Millionen Barrel am Tag bereits fast wieder so viel Öl exportiert wie zuvor im Jahr 2011. Zahlreiche Blockaden und Unruhen legten die Produktion jedoch wieder lahm. Als der Export in den letzten Monaten auf nur noch 100 000 Barrel täglich schrumpfte, warnte Zentralbankchef Sadel Elkaber vor den Schwinden der Devisenreserven in Afrikas ölreichstem Land.

Die beiden am Wochenende eröffneten Ölterminals haben eine Kapazität von 500 000 Barrel. Bei vollem Export könnte Libyen den gerade vom Übergangsparlament verabschiedeten Staatshaushalt in Höhe von 53 Millionen Dinar, rund 34 Millionen Euro, finanzieren. Doch viele internationale Ölfirmen haben aus Sicherheitsgründen ihre Mitarbeiter von den Förderanlagen abgezogen.

In Bengasi herrscht mittlerweile ein regelrechter Bürgerkrieg zwischen den Saiqa- Spezialeinheiten der Armee und Ansar Sharia, einer islamistischen Miliz. Allein in der vergangenen Woche starben 17 Soldaten bei Anschlägen vermutlich religiöser Extremisten. Drei Imame fielen den Schüssen unbekannter Attentäter zum Opfer. Einer von ihnen ist der stadtbekannte Salafist Moutaz Sharif. Er hatte offen Stellung für den pensionierten General Khalifa Hafter bezogen, der die Militäroperation gegen Ansar Sharia anführt.

Auch in der Hauptstadt Tripolis kam es in der Nacht zum Sonntag erstmals seit Monaten wieder zu Kämpfen. Im Stadtteil Jansour griffen Stadtteilmilizen Uniformierte des Innenministeriums an, die unter der Kontrolle der Stadt Zintan stehen. Die Zintanis unterstützen die »Operation Karama« (Würde) von Hafter und die liberalen Kräfte in der Hauptstadt.

Nachdem das Innenministerium am Sonnabend mehrere strategische Punkte in Tripolis übernommen hatte, fürchteten die religiös-konservativen Kräfte, dass auch in Tripolis ein Angriff Hafters unmittelbar bevorstünde.

In der 120 Kilometer westlich von Tripolis gelegenen Stadt Zuwara wurden ebenfalls am Sonnabend drei ausländische Ingenieure entführt. Die beiden Bosnier und ein Mazedonier arbeiteten auf dem Gelände des italienischen Öl- und Gas-Giganten ENI, der durch die Pipeline »Green Stream« bei Zuwara ein Drittel der italienischen Gasversorgung aus Libyen pumpt.

»Die ausländischen Firmen werden dringend für das Ankurbeln der Wirtschaft benötigt«, sagt Mustafa Absuhagur, der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Tripolitaner Bezirk Suk Al Juma gewann. Der 60-jährige gemäßigt religiöse Physiker repräsentiert die vielen liberalen Kräfte, die im September als Abgeordnete in das neu geschaffene Repräsentantenhaus einziehen werden.

Die ausländischen Ölfirmen werden wohl so lange mit der Rückkehr nach Libyen warten. Denn noch ist unklar, ob auch die Milizen die Wahlergebnisse anerkennen werden.

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