Ein Nazijäger
Norbert Podewin ist tot
Er brachte seine Manuskripte persönlich in die »nd«-Redaktion, war stets froh gelaunt und hatte oft einen heißen Tipp, wessen sich die Zeitungsmacher annehmen könnten. Er selbst war immer bereit, stante pede einen Artikel für sein »Leib- und Magenblatt« zu verfassen oder ein Interview zu geben. »Also dann - bis zum nächsten Auftrag aus dem Zentralorgan«, verabschiedete er sich gern. Für den Herbst hatte er viele neue Ideen. Er wird sie nicht mehr umsetzen. Am Donnerstag, den 10 Juli, starb Norbert Podewin in seinem 80. Lebensjahr.
Der gebürtige Berliner war Betriebszeitungsredakteur, bevor er zum Nationalrat der Nationalen Front der DDR kam, Mitarbeiter des Rabbinersohnes und Politbüromitgliedes Albert Norden wurde und am 1965 erstmals erschienenen Braunbuch »Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik« mitarbeitete, das auf der Frankfurter Buchmesse sogleich für einen Eklat sorgte und von der hessischen Staatsanwaltschaft widerrechtlich beschlagnahmt wurde. Zeitlebens ließen ihn die furchtbaren Täter nicht los. Ein Nazijäger der DDR.
Der promovierte Historiker, Anfang der 1970er Jahre Referent von Friedrich Ebert, Sohn des gleichnamigen Reichspräsidenten der Weimarer Republik, hinterlässt ein reiches publizistisches Werk. Große Geschichte fing er in kleinen Geschichten ein, heroische wie tragische Zeitläufte und Weltenlauf in biografischer Reflexion. Er schrieb über Norden, Ebert und Ulbricht wie über den in der DDR verdammten Ernst Torgeler, Mitangeklagter Dimitroffs im Reichstagsbrandprozess von 1933, oder Otto Ostrowski, den von der SPD noch heute verleugneten sozialdemokratischen Oberbürgermeister im Nachkriegsberlin. Mit seinem letzten Buch »Stalinallee und Hansaviertel« wollte er eine Weltkulturerbe-Entscheidung für »seine« Karl-Marx-Allee befördern. Es wäre schön, wenn seine Autobiografie »Mein Leben in drei Diktaturen« (der der Nazis, der der proletarischen, der des Geldes) neue Leser fände. ves
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