Experten auf dem Weg zum Absturzort nahe Donezk
Nach der Tragödie des Malaysia Airlines Fluges MH17 / Teams aus Malaysia und Niederlanden vor Ort / OSZE kritisiert Behinderung der Untersuchung durch bewaffnete Kräfte
Berlin. Vor dem Eintreffen ausländischer Luftfahrtexperten herrschen laut Agenturberichten an der Absturzstelle der Boeing in der Ostukraine weiter chaotische Zustände. Schwer bewaffnete und teils maskierte Kräfte behinderten die Arbeit der OSZE-Mission am Unglücksort östlich von Donezk, wie deren Sprecher Michael Bociurkiw am Samstagabend dem Sender CNN berichtete. »Das Problem ist, dass es keine Absperrung des Ortes gibt, wie sonst üblich. Jeder kann da rein und womöglich mit Beweisstücken herumhantieren«, kritisierte Bociurkiw.
An diesem Sonntag wollen 132 malaysische Experten, darunter Ärzte und Militärs, zum Absturzort fahren. Sie waren am Samstag in Kiew gelandet. Der niederländische Außenminister Frans Timmermans kam ebenfalls mit einer Gruppe von 15 Experten in der ukrainischen Hauptstadt an.
Auch Deutschland beteiligt sich an der Bergung und Identifizierung der Opfer. Zwei Fachleute des Bundeskriminalamtes reisten am Samstag in die Ukraine. Ein BKA-Sprecher sagte, sie wollten sich in Kiew mit einem größeren Team von Identifizierungsexperten treffen und das weitere Vorgehen besprechen. Sowohl der genaue Einsatzort als auch die Führung der Mission müssten noch geklärt werden.
Bei dem Absturz waren alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder an Bord der Boeing ums Leben gekommen - unter ihnen 193 Niederländer und 4 Deutsche. Etwa 100 Tote wurden bislang nicht geborgen. Ihre Leichen dürften in einem Umkreis von vielen Kilometern verstreut liegen. Im Osten der Ukraine herrschen hochsommerliche Temperaturen. Die Suche nach den übrigen Opfern gestalte sich sehr schwierig, da die Wrackteile über etwa 25 Quadratkilometer verstreut seien.
Als prorussisch bezeichnete Rebellen stehen im Verdacht, das Flugzeug der Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord am Donnerstag in 10.000 Meter Höhe mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen zu haben. Unklar ist am Absturzort der Boeing auch der Verbleib der beiden Flugschreiber. Die Regierung in Kiew warf den als prorussisch bezeichneten Kräften vor, Beweismaterial zu vernichten. Die Aufständischen wollten mit Lastwagen Wrackteile über die russische Grenze bringen. Die Separatisten versuchten, »Beweise ihrer Mitwirkung an dem Unglück vertuschen«.
Zudem hätten die militanten Gruppen 38 Leichen von der Absturzstelle in die Großstadt Donezk gebracht. Die Aufständischen wiesen alle gegen sie gerichteten Vorwürfe zurück. Es habe sich um »einige Dutzend Leichen« gehandelt, die mitten in der Ortschaft Grabowo gelegen hätten. Es sei »aus hygienischen Gründen unmöglich« gewesen, sie dort zu belassen, so ein Sprecher der Aufständischen. Die Leichen seien »in Anwesenheit von OSZE-Beobachtern« nach Donezk gebracht worden.
Die Hintergründe der Katastrophe sind weiter unklar. Nach Angaben von US-Präsident Barack Obama sind dafür sehr wahrscheinlich die moskautreuen Kräfte verantwortlich. Die Boden-Luft-Rakete, die das Flugzeug abgeschossen habe, sei aus einem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden, sagte Obama am Freitag.
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, hatte eine Verstrickung Russlands in den Abschuss von Flug MH 017 angedeutet. »Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat«, sagte sie bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York.
Das russische Außenministerium zeigte sich laut der Agentur Ria Novosti erstaunt, dass mehrere Regierungen noch vor Beginn der Ermittlungen Mutmaßungen über die Ursachen für den Absturz anstellten. Auf diese Weise würden die Ermittler unter Druck gesetzt, wird das Außenamt zitiert. Moskau rufe die beiden Konfliktseiten in der Ukraine auf, internationalen Experten einen ungehinderten Zugang zur Absturzstelle zu verschaffen.
Die Regierung in Moskau habe von der Führung in Kiew zudem gefordert, alle Daten zur ukrainischen Luftabwehr im Konfliktgebiet offenzulegen. Russlands Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow sagte am Samstag, »das ist eine überaus wichtige Frage. Die Antwort darauf wird es uns gestatten zu bestimmen, welche Systeme gegen die malaysische Boeing verwendet wurden.« dpa/nd
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