PKW-Maut entwickelt sich zum Fiasko

Kritik an der PKW-Maut wird größer/ Forderungen nach Ausnahmeregelungen für Grenzregionen werden laut

  • Lesedauer: 3 Min.
Dass die Pkw-Maut nicht nur auf Autobahnen kassiert werden soll, sorgt in grenznahen Regionen für Unruhe - aus Sorge vor ausbleibenden Besuchern. Die Linksfraktion fordert ein rasches Aus der PKW-Maut.

Berlin. Bei der geplanten Pkw-Maut auf allen deutschen Straßen werden Forderungen nach regionalen Ausnahmen lauter. Politiker von SPD und CDU unterstützen einen Vorstoß des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU), Sonderregeln für grenznahe Gebiete zu prüfen. »Gerade beim Tourismus und beim Einkauf in den Grenzregionen drohen wirtschaftliche Einbußen«, sagte der Vorsitzende des Bundestags- Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD), der »Passauer Neuen Presse« (Montag). Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht keine Notwendigkeit für solche speziellen Ausnahmen.

Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU-Abgeordneten im Bundestag, Peter Hintze, sagte der »Berliner Zeitung«: »Die Herausnahme der Grenzregionen aus der Mautpflicht würde ein schweres Ärgernis aus den Maut-Eckpunkten des Verkehrsministers beseitigen.« Gefragt sei eine Lösung, »die kein bürokratisches Monster ist, nicht gegen die Finanzverfassung verstößt und bei der Aufwand und Wirkung in einem vernünftigen Verhältnis stehen«.

Herrmann, dessen Vorstoß am Wochenende von CSU-Chef Horst Seehofer zurückgewiesen worden war, bekräftigte in der »Süddeutschen Zeitung« (Montag): »Ich will die Maut. Wir müssen aber über solche Dinge reden, wenn wir jetzt den Feinschliff machen.« In der EU sei es in vielerlei Hinsicht üblich, Sonderregeln für kleine Grenzverkehre festzulegen und für die Grenzbewohner Erleichterungen zuzulassen.

Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) warnte, Gegenden wie Trier drohten Umsatzeinbußen, wenn Kunden aus Frankreich und den Benelux-Ländern wegblieben. »Bei möglichen Ausnahmen darf es keinen bayerischen Sonderweg nach dem Motto 'Mir san mir' geben.« NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD), der sich mehrfach gegen die Pkw-Maut ausgesprochen hat, will nicht auf Herrmanns Vorstoß reagieren. »Wir werden keine Änderungsanträge formulieren, wie ein nicht-tauglicher Versuch noch etwas tauglicher werden kann«, sagte ein Sprecher.

Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Ulrich Lange (CSU) sagte dagegen: »Es macht keinen Sinn, wenn sich jetzt jeder öffentlich zu möglichen Regelungen bei der Pkw-Maut äußert.« Nach der Vorlage seines Konzepts solle Dobrindt Zeit gegeben werden, einen Gesetzentwurf vorzubereiten. »Wenn wir schon vorab mit zig Ausnahmeregelungen anfangen, hilft das niemandem.«

Dobrindt plant eine Pkw-Maut auf allen Straßen ab 2016. Dafür sollen alle Autofahrer Vignetten kaufen. Inländische Wagenbesitzer sollen sie automatisch erhalten und über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet werden. Aus den Maut-Zahlungen ausländischer Autofahrer werden Mehreinnahmen von jährlich 600 Millionen Euro erwartet. Eine Maut darf Ausländer nach EU-Recht aber nicht benachteiligen.

Das Bundesfinanzministerium will Vor- und Nachteile der Pläne in Ruhe prüfen. Dazu gehöre, wie dies von der Verwaltung umzusetzen sei. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte, die Abstimmung in der Regierung werde Stück für Stück vorangebracht.

»Die Debatte um Ausnahmeregelungen für grenznahe Regionen ist ein weiterer Sargnagel für Dobrindts Mautphantasien, denn wieder einmal wird deutlich, dass selbige völlig unausgegoren sind«, kommentiert Herbert Behrens, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Verkehrsausschuss, die Forderung mehrerer Landesminister nach Ausnahmereglungen für den kleinen Grenzverkehr. Der Verkehrsexperte fordert weiter: »Dobrindt sollte jetzt schnell die Reißleine ziehen und die Mautpläne stoppen.« dpa/nd

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