Kambodschas Opposition will Parlamentsboykott beenden

Ein Jahr nach den Wahlen könnten die Abgeordneten der Nationalen Rettungspartei ihre Sitze einnehmen

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Händedruck zwischen den beiden Erzrivalen und ein freundliches Lächeln in die Kameras. Endet damit der Parlamentsboykott der Opposition in Kambodscha?

Ein ganzes Jahr nach den Parlamentswahlen könnten die 55 gewählten Abgeordneten der oppositionellen Kambodschanischen Nationalen Rettungspartei ihre Sitze in der Nationalversammlung einnehmen. Das ist das Ergebnis einer fünfstündigen Beratung, die Ministerpräsident Hun Sen und Sam Rainsy, Chef der Rettungspartei, am Dienstag mit ihrem Händedruck abschlossen.

Nicht, dass man den Oppositionsabgeordneten den Einzug ins Parlament bisher verwehrt hätte: Sie selbst hatten eine Einladung von König Norodom Sihamoni zur Eröffnungssitzung im vergangenen September ausgeschlagen. Hun Sens Kambodschanische Volkspartei habe die Ergebnisse der Wahlen am 28. Juli gröblichst manipuliert, lautete ihre Begründung. Während die Wahlkommission der Volkspartei 68 und der Rettungspartei 55 Mandate zusprach, behaupteten Sam Rainsys Anhänger, ihnen stünden 63 Sitze zu - die Mehrheit im 123-köpfigen Parlament. Andere Parteien waren an der Zugangshürde gescheitert.

Tatsächlich verlor die Volkspartei, die das Land faktisch seit dem Sturz des Pol-Pot-Regimes 1979 regiert und sich seinerzeit noch »Revolutionär« nannte, bei den Wahlen ihre verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit. Doch ihr Beitrag zur Befreiung des Landes und das Versprechen, Stabilität und wirtschaftlichen Aufschwung zu garantieren, sicherten der Partei vor allem auf dem Lande die Stimmenmehrheit. In der Hauptstadt Phnom Penh dagegen, und besonders unter jungen Wählern, die den Pol-Pot-Terror nicht mehr erlebt haben, punktete die Opposition mit der Versicherung, gegen Korruption, Vetternwirtschaft und Landraub vorzugehen - schwerwiegende Probleme in Kambodscha. Dazu schürte die Partei jedoch antivietnamesische Stimmungen. Sam Rainsy selbst war 2009 verurteilt worden, weil er propagandawirksam Markierungen an der kambodschanisch-vietnamesischen Grenze versetzt hatte. Daraufhin ins Exil geflohen, kehrte er erst kurz vor den Wahlen 2013 zurück. Die USA hatten der Regierung mit dem Entzug von Entwicklungshilfegeldern gedroht, sollte der prowestliche Oppositionschef nicht begnadigt werden.

Mit dem Vorwurf der Wahlfälschung zog die Rettungspartei statt ins Parlament auf die Straße: Sie organisierte immer wieder Massenproteste, bei denen es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam, und stellte sich auch hinter den Textilarbeiterstreik für Lohnerhöhungen, bei dessen Niederschlagung im Januar vier Personen von der Polizei erschossen wurden.

Der in Machtkämpfen erfahrene Regierungschef Hun Sen ließ sich jedoch nicht beeindrucken. Selbst unter Kritikern seiner Regierung wurden Forderungen laut, die Opposition solle die Volkspartei nicht allein walten lassen, sondern die Tribüne des Parlaments nutzen. Auch Sam Rainsy ließ sich offenbar bei seinen ausgedehnten Werbereisen ins Ausland davon überzeugen, dass er Neuwahlen nicht im Sturmlauf erzwingen kann, sondern Kompromisse eingehen muss.

Gegen die Zusage, dass Vertreter der Rettungspartei in die Wahlkommission aufgenommen werden und dass die Partei Führungsämter im Parlament erhält, erklärte sich Sam Rainsy schließlich bereit, den Boykott zu beenden. Ein Jahr nach den Wahlen - am kommenden Montag - könnten die Abgeordneten seiner Partei vereidigt werden. Allerdings ist längst nicht sicher, dass die Rivalen ihren Dauerkonflikt damit beenden.

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