Deal fördert Geständnis

Vier rabiate Jugendliche unter Raubanklage

  • Lesedauer: 3 Min.
Wie funktioniert ein Deal vor Gericht? Geständnis gegen mildere Strafe. Die 13. Große Strafkammer gab gestern dafür eine Lehrstunde.
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen.
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen.

Angeklagt der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung und des Raubes sind vier junge Leute zwischen 18 und 21 Jahren aus Wilhelmshaven. Der 8. und 9. Februar waren für sie Schicksalstage. Es sollte ein lockeres Wochenende in Berlin werden. Sehenswürdigkeiten, Party und Entspannung. Die drei Männer und eine Frau legten ihr Geld zusammen, ungefähr 200 Euro, mieteten sich einen Opel und rauschten nach Berlin. Am Freitagabend rollten sie ein und feierten die Nacht durch. Am Sonnabend machte sich akuter Geldmangel bemerkbar. Je länger die Stadttour, umso kleiner die Kasse.

Der Zufall wollte es, dass sie gegen 21 Uhr an einer Sparkasse am Wannsee hielten. Vor ihnen ein älterer Herr, der auf die Filiale zusteuerte. Da beschlossen die Vier spontan, diesen Mann auszurauben. Die 21-jährige Svenja H. hatte zwar Bedenken, doch der Widerstand war schwach. Mit Bruder Donnie H. (19) blieb sie im Wagen. Ramon B. (21) und Marko K. (18) folgten dem Mann zum Automaten. Marco schlug mit einem Teleskopschlagstock zu, Ramon sprühte dem Opfer Reizgas ins Gesicht. Die Gegenwehr war heftig, die beiden Räuber gerieten in Panik und flüchteten. Die Beute: 0 Euro. Die Nacht zum Sonntag dämmerten sie im Auto dahin. Für eine Tankfüllung zur Rückfahrt reichte das Geld nicht mehr. Nun war es eine Radfahrerin, die sie ausrauben wollten. Ihr Rucksack war auf dem Gepäckständer verhakt. Sie fuhren dicht an sie heran und entrissen ihr die Tasche. Die Beute: 20,05 Euro. Für die Rückfahrt reichte es immer noch nicht. An einer Haltestelle eine ältere Dame. Wieder war es Marco, der den Raub versuchte. Doch die Sache ging wieder schief. Die Frau ließ die Tasche nicht los. Minuten später war die Polizei da, der Traum vom schönen Berlinausflug zu Ende. Seitdem sitzen Ramon und Marco in U-Haft. Die Geschwister Svenja und Donnie sind aus Wilhelmshaven zum Prozess angereist.

Das Gericht will einen Deal. Dazu stellt sie bei einem umfassenden Geständnis für alle vier Angeklagten Bewährungsstrafen in Aussicht. Die Staatsanwaltschaft kann sich für das Geschwisterpaar Bewährungsstrafen vorstellen, für die zwei Haupttäter sollten es Haftstrafen werden. Nun wird das Vorleben der Vier erörtert. Alle haben schon mehr oder weniger intensiv mit Justitia Kontakt gehabt. Zwischen 15 und 16 Jahren wurden sie erstmals straffällig. Dann zieht sich das Gericht zur Beratung zurück und unterbreitet nach einer Pause die Strafangebote. Sie liegen je nach Tatbeteiligung zwischen acht Monaten und drei Jahren. Für Donnie und Marco soll Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen, also weniger strafen und mehr erziehen. Jetzt sind es die Verteidiger, die sich mit ihren Mandanten beraten. Nach erneuter Pause stimmen alle Angeklagten dem Angebot zu, auch die Staatsanwaltschaft ist einverstanden. Nun gestehen sie ihre Missetaten, später noch werden die Zeugen gehört. Stimmen die Aussagen überein, wird heute das Urteil gesprochen.

Noch vor Monaten wurden Deals hinter verschlossenen Türen ausgehandelt und der Öffentlichkeit dann das Resultat mitgeteilt. Nun wurden die Gesetze soweit geändert, dass Mauscheleien im Hinterzimmer der Vergangenheit angehören.

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