CDU-Politiker: Bundeswehr-Einsatz in Nordirak denkbar

Debatte über deutschen Beitrag im Kampf gegen Dschihadisten / Unionsabgeordnete fordern Waffenlieferung an Kurden / SPD und Grüne dagegen / Linkspartei: Unterstützung für IS-Miliz unterbinden

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Berlin. In der Debatte über einen deutschen Beitrag im Irak-Konflikt hält Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) einen militärischen Einsatz Deutschlands unter bestimmten Umständen für denkbar. »Für den Fall eines UN-Mandats könnte sich die Bundeswehr an der Absicherung von Hilfstransporten vor Ort beteiligen«, sagte Schockenhoff am Montag zu »Spiegel Online«. »Auch sollte Deutschland dann nicht ausschließen, bestimmte Gruppen in der Krisenregion mit Waffen zu unterstützen.« Ein UN-Mandat für einen Einsatz im Nordirak ist nach Schockenhoffs Einschätzung derzeit nicht in Sicht. Die Vereinten Nationen hätten bei der Befriedung der Krisenregion bisher »völlig versagt«, kritisierte er. Der Sicherheitsrat müsse sich »dringend mit der Krise in der Region befassen und endlich zeigen, dass es der gemeinsame Wille der Völkergemeinschaft ist, die Terrororganisation Islamischer Staat zu stoppen«.

Zuvor hatten bereits die Abgeordneten Karl-Georg Wellmann (CDU) und Hans-Peter Uhl (CSU) gefordert, den Kampf der irakischen Kurden gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) notfalls mit der Lieferung deutscher Waffen zu unterstützen. Die Bundesregierung lehnt dies allerdings ab, sie will sich auf humanitäre Hilfe beschränken und halte an dem Grundsatz fest, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

Wellmann hatte im Deutschlandfunk argumentiert, dass sich Deutschland angesichts der dramatischen Lage in den Kampfgebieten Nordiraks nicht auf die Rolle des Zuschauers beschränken dürfe. Deutschland sei in einer »Situation, die mir allmählich peinlich wird«, sagte der Bundestagsabgeordnete. Tatkräftige Hilfe für die bedrängten Menschen im Nordirak komme vor allem von den USA, während Deutschland »ein paar Zelte« liefere, Geld gebe und »ein paar Flüchtlinge« aufnehme. »Da zuzugucken und nur mit frommen Worten zu kommen, das reicht mir nicht«, kritisierte Wellmann. Er äußerte zudem die Erwartung, dass Deutschland in der Frage der Waffenlieferungen an die Kurden von seinem Nein abrücken könnte: »Ich habe den Eindruck, dass auch im Auswärtigen Amt sehr, sehr ernsthaft und verantwortungsbewusst über diese Frage diskutiert wird, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
Ähnlich äußerte sich der CSU-Abgeordnete Uhl. »Wir erleben jeden Abend die Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat«, sagte Uhl im Deutschlandfunk. »Wir müssen uns über unsere Rolle befragen.« Die Forderung nach einer aktiven deutschen Sicherheitspolitik sei berechtigt, und »dazu gehören Waffenlieferungen«, sagte er.

SPD und Grüne lehnten Waffenlieferungen in den Irak ab. Dies sei »keine Option«, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Der Grünen-Wehrexperte Omid Nouripour warnte, den Konflikt durch Waffenlieferungen zusätzlich anzuheizen. Eine Aufrüstung der Kurden würde Nachbarstaaten wie die Türkei oder den Iran »wahnsinnig nervös« machen, sagte Nouripour im Deutschlandradio Kultur. In beiden Ländern gibt es kurdische Minderheiten.

Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke erneuerte ihre Kritik an den US-Luftangriffen »auf die in Städten und Dörfern verschanzten Djihadisten im Nordirak«, diese »gefährden nur die Zivilbevölkerung«. Sie verwies darauf, dass »effektiven Widerstand gegen die Terrorbanden« derzeit kurdische Milizen »insbesondere die Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans PKK« leisten würden. Die PKK solle daher von den »Terrorlisten von EU und USA« gestrichen werden; zudem forderte Jelpke, »die über die Türkei und die Golfstaaten laufende Unterstützung für die Djihadisten« zu unterbinden.

Die Dschihadisten der Gruppe IS waren in der vergangenen Woche in Kurdengebiete des Nordirak vorgerückt. US-Präsident Barack Obama hatte daraufhin am Donnerstag Luftangriffe im Irak angeordnet; danach bombardierten US-Kampfflugzeuge Stellungen der IS im Norden des Landes. Dank der Unterstützung durch die US-Luftangriffe gelang es kurdischen Peschmerga-Kämpfern zudem nach Angaben eines Sprechers am Sonntag, die Städte Machmur und Gwer aus der Hand der IS-Milizen zurückzuerobern. Agenturen/nd

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