»Armutszuwanderung«: DGB kritisiert Regierungsbericht
Kabinett will Weg für Einreisesperren und Strafen frei machen / CSU-Politikerin Hasselfeldt setzt nach: »Wir dulden keinen Missbrauch«
Berlin. »Wer betrügt, der fliegt« - mit diesem populistischen Slogan hatte die CSU vor Monaten gegen angeblichen Sozialleistungsbetrug durch Ausländer aus EU-Staaten gewettert. Jetzt will die Große Koalition Konsequenzen ziehen. Diese sind ebenso umstritten wie der Slogan. Ein Staatssekretärs-Bericht dient als Vorlage für ein neues Gesetz zum Umgang mit Armutszuwanderung, er sieht härtere Strafen gegen Sozialmissbrauch und finanzielle Hilfen für besonders betroffene Städte vor. Hintergrund ist die gestiegene Zuwanderung aus ärmeren EU-Ländern wie Bulgarien und Rumänien. Unter anderem soll ein Ausschluss von Sozialleistungen für die ersten drei Monate eines Aufenthalts in Deutschland geprüft werden. Auch wollen Union und SPD den Weg für Einreisesperren frei machen. Wiedereinreiseverbote soll es nach dem Gesetzentwurf bei Rechtsverstößen oder Betrug geben können.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert den Bericht zur EU-Armutszuwanderung als fast durchgehend mangelhaft. »Eine differenzierte Analyse der Arbeitsmarktsituation von EU-Bürgern fehlt weitgehend«, zitiert der »Kölner Stadt-Anzeiger« aus dem Papier. Daten zu Sozialversicherungs- und Lohnbetrugsverfahren oder aus Schwarzarbeitskontrollen seien nicht bewertet worden. Stattdessen stütze sich der Ausschuss auf allgemeine Zahlen, wie den Anstieg des Zuzugs aus EU-Ländern sowie der Leistungen aus sozialen Sicherungssystemen. »Der Vorwurf des Sozialleistungsbetruges wird weder entkräftet noch durch Daten belegt«, schreibt der DGB.
Skeptisch sieht der Gewerkschaftsbund auch die von der Staatssekretärs-Runde vorgeschlagenen Rechtsänderungen. So sei die geplante Befristung des Aufenthalts von EU-Bürgern »nicht rechtsklar« formuliert. Medienberichten zufolge soll Sozialbetrügern aus EU-Staaten in besonders schweren Fällen die Wiedereinreise für bis zu fünf Jahre verweigert werden. Aus Sicht des DGB verstößt die geplante Sperre gegen die Vorschrift, nach der EU-Bürger nicht schlechter gestellt werden dürfen als Angehörige von Nicht-EU-Staaten. Eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren für eine Einreise trotz Verbot, wie sie laut DGB vorgesehen ist, sei unverhältnismäßig.
Die Debatte war Anfang des Jahres von der CSU mit dem Slogan »Wer betrügt, der fliegt« losgetreten worden. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte jetzt der »Passauer Neuen Presse«, ihre Partei habe »entscheidende Forderungen gegen den Sozialbetrug bei der Armutszuwanderung durchsetzen« können. So werde der Doppelbezug von Kindergeld vermieden, die Kommunen würden bei der Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit unterstützt. »Wir stehen zur Freizügigkeit in der EU. Aber wir dulden keinen Missbrauch dieser Freizügigkeit«, so Hasselfeldt. Agenturen/nd
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