Abstimmung ohne bindende Wirkung

125 Minuten Zeit hat der Bundestag heute für seine Debatte zu den umstrittenen Waffenlieferungen an die Kurden

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Egal, wie die Abstimmung am Montag ausgeht, die Bundesregierung wird trotzdem Waffen in den Irak liefern. Wie »nd« erfuhr, will die LINKE dazu einen Entschließungsantrag einbringen.

Le etat c'est moi - der Staat bin ich: Die Kanzlerin will in die Entscheidung um Waffenlieferungen an die nordirakischen Kurden möglichst wenige politische Akteure einbinden. In einem Interview mit dem MDR zeigte sie sich jedoch gnädig: »Ich werde dazu eine Regierungserklärung halten und der Bundestag kann sich dann eben auch informieren und debattieren.« Deshalb werde man bereits vor der Bundestagssitzung die »abschließenden Entscheidungen fällen«, so Merkel. Selbst das Bundeskabinett soll sich mit dem heiklen Export nicht befassen. Lediglich eine kleine Ministerrunde aus fünf Ressorts ist hier involviert. Das reiche aus, um die fraglichen Exportgenehmigungen durchzuwinken, meint die Kanzlerin in beinahe schon absolutistischer Manier. Aber immerhin dürfen die Freunde von CSU und SPD der Kanzlerin ihr Plazet geben und auch der Bundestag darf zur Sache abstimmen, wenngleich das Votum ohne Folgen bleibt. Der Entschließungsantrag von Union und SPD ist ohne bindende Wirkung. In dem Papier betonten die Koalitionspartner, ihren Willen, »neben der Schutzausrüstung auch weiteres Militärgerät« zum Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu liefern. Darüber hinaus fordert man die Regierung auf, »sich weiterhin für die Bildung einer inklusiven Regierung im Irak einzusetzen und den politischen Prozess zur Einbindung aller Volksgruppen im Irak zu unterstützen«.

Die heutige Debatte hat also nur einen rein symbolischen Wert. »Die Sondersitzung samt Abstimmung ist immer noch besser als jede Variante, die von weniger Parlamentsbeteiligung ausgeht«, betont die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Petra Sitte, gegenüber »nd«. »Wir hätten uns auch ein anderes Prozedere gewünscht, weil es notwendig wäre, dass die Beschlüsse und die Debatten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden«, so Sitte. Die rechtliche Lage sei aber »zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich so, dass der Bundestag den Waffenexport nicht zwingend beschließen muss«.

Welche Waffen liefert Deutschland
 

STURMGEWEHR G3

 kann Ziele in bis zu 300 Metern Entfernung treffen, mit Zielfernrohr reicht es bis zu 600 Meter weit. Der automatische Rückstoßlader wird von allen Truppenteilen des Heeres genutzt.

STURMGEWEHR G36

soll nach Angaben der Bundeswehr »überraschend auftauchende Ziele reaktionsschnell« bekämpfen. Es zeichne sich durch seine einfache Bauweise aus, heißt es.

MASCHINENGEWEHR MG3

gilt als »schwere Waffe« und wird unter anderem zur Abwehr gegnerischer Flugzeuge eingesetzt. Es kommt auch an Bord von Kampfpanzern oder Hubschraubern zum Einsatz.

PISTOLE P1

dient »zur Selbstverteidigung im Nahkampf« und wird vor allem von Sanitäts- und Führungspersonal genutzt. Mittlerweile wurde sie in vielen Bereichen vom Modell P8 abgelöst.

PANZERABWEHRWAFFE »MILAN«

kann gepanzerte Fahrzeuge in einer Entfernung von 300 Metern bis zu fast zwei Kilometern zerstören. Der mit einem Gefechtskopf bestückte Flugkörper durchschlägt bis zu 70 Zentimeter dicken Panzerstahl.

PANZERFAUST 3

zerstört leicht gepanzerte Fahrzeuge oder Bunker. Die Waffe kann aus geschlossenen Räumen heraus abgefeuert werden und kommt auch in der Schweiz und den Niederlanden zum Einsatz.

SCHWEREN PANZERFÄUSTE

der Bundeswehr werden seit Mitte der 1990er Jahre nur noch für Leuchtmunition genutzt und daher auch als »Leuchtbüchsen« bezeichnet. Sie leuchten das Gelände in einem Radius von etwa 400 Metern aus.

SIGNALPISTOLEN

gehören unter anderem zur Ausstattung von Gruppen- und Zugführern. Damit werden Leucht- und Signalmunition sowie Rauch- und Knallpatronen abgefeuert.

HANDGRANATE DM51 

gibt es seit 1974 in der Bundeswehr. Sie wiegt 450 Gramm und beinhaltet rund 5700 Stahlkugeln. Ihr Wirkradius beträgt bis zu 20 Meter. dpa/nd

 

 

Dabei könnte sich das Hohe Haus in dieser Frage zum Sprachrohr der Mehrheit der Bundesbürger machen. Etwa zwei Drittel aller Bundesbürger sind laut einer Umfrage, die das Magazin »Stern« in Auftrag gegeben hatte, gegen Waffenlieferungen an die Kurden. Andere Demoskopen sehen die Ablehnungsquote gar bei 80 Prozent.

Für die heutige Aussprache sind insgesamt 125 Minuten vorgesehen. Bevor die Parlamentarier ans Mikrofon dürfen, wird die Kanzlerin eine 20-minütige Regierungserklärung abgeben. Die programmatische Rede trägt den Titel: »Humanitäre Hilfe für Flüchtlinge im Irak und Kampf gegen die Terrororganisation IS«.

Für die LINKE bleiben 17 Minuten Redezeit. Fraktionschef Gregor Gysi und die Abgeordnete Ulla Jelpke werden auf dem Podium sprechen. Jelpke, eigentlich Expertin für Innenpolitik, hatte die Krisenregion erst vor Kurzem bereist. »Es ist wichtig, dass die Debatte von Leuten geführt wird, die die Situation vor Ort tatsächlich kennen«, so Sitte.

Zudem werde die LINKE einen eigenen Entschließungsantrag einbringen, bestätigt Sitte. Unter anderem enthalte er die Forderung, keine Waffen nach Irak zu liefern und stattdessen den Islamischen Staat von seinen Förderern in Saudi-Arabien und Katar abzuschneiden. Außerdem drängt die Linksfraktion auf einen generellen Verzicht von Waffenausfuhren und ein Ende der Hermesbürgschaften für diese Geschäfte. Auch soll Druck auf die nordirakische Regionalregierung und die Türkei ausgeübt werden, die Blockaden gegen die selbstverwalteten kurdischen Gebiete in Syrien aufzuheben. »Ulla Jelpke hat berichtet, dass sich an der dortigen Grenze die Konvois der UNO stauen und nur punktuell durchgelassen werden«, so Sitte. Ferner gehört die Aufnahme »besonders schutzwürdiger Flüchtlinge« in Deutschland zu den Forderungen der Linksfraktion.

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